BGH kippt Urheberrechtsabgaben für Computer - vorerst zumindest

Der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Streit um Kopiervergütungen entschieden, dass PCs nicht für das Anfertigen von Kopien von Druckwerken bestimmt sind, und ein entgegengesetztes Berufungsurteil kassiert.

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Der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in einem lange erwarteten Urteil (I ZR 18/06) am heutigen Donnerstag entschieden, dass für PCs derzeit keine Urheberrechtsabgaben zu leisten sind. Dem Gericht zufolge sind PCs nicht für das Anfertigen von Kopien durch Ablichtung eines Werkstücks oder eine vergleichbare Weise bestimmt. Mit einem Computer können nach Ansicht der Richter "weder allein noch in Verbindung mit anderen Geräten fotomechanische Vervielfältigungen wie mit einem herkömmlichen Fotokopiergerät hergestellt werden". Daher könne die Klägerin in Form der VG Wort für PCs auch keine Pauschalvergütung für Privatkopien verlangen. Der Bundesgerichtshof kippte damit zwei entgegengesetzte, zugunsten der Verwertungsgesellschaft ergangene Beschlüsse niederer Instanzen und stellte sich auf die Seite des beklagten Computerherstellers Fujitsu-Siemens.

Der BGH schloss zwar nicht aus, dass auf einem PC Vervielfältigungen erstellt werden könnten. Es handele sich dabei aber nicht um Verfahren analog dem Anfertigen von Kopien von Druckwerken, auf die allein die Kopiervergütung in dem behandelten Fall zu beziehen sei. Soweit ein Rechner im Zusammenspiel mit einem Scanner als Eingabegerät und einem Drucker als Ausgabegerät verwendet werde, sei er zwar auch geeignet, Druckwerke in der von der Regelung zur Urheberabgabe erfassten Form zu vervielfältigen. Innerhalb einer solchen Funktionseinheit sei jedoch analog zur Entscheidung des BGH gegen Kopiervergütungen auf Drucker nur der Scanner im Sinne des Urheberrechtsgesetzes zur "Vornahme" von Kopien bestimmt und damit vergütungspflichtig. Die VG Wort hat gegen das Druckerurteil Anfang des Jahres bereits Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Es wäre dem BGH nach auch nicht gerechtfertigt, den Anwendungsbereich der Regelung über ihren Wortlaut hinaus auszudehnen. Ansonsten hätten Hersteller, Importeure und Händler sowie letztlich die Erwerber die wirtschaftliche Last der urheberrechtlichen Vergütung für Geräte zu tragen, die im Vergleich zu den von der gesetzlichen Regelung erfassten Apparaten nur zu einem wesentlich geringeren Anteil für urheberrechtsrelevante Vervielfältigungen eingesetzt würden.

Offen gelassen haben die Richter aber, ob nach dem Inkrafttreten der neuen Regelungen zu Pauschalvergütungen im sogenannten 2. Korb der Urheberrechtsreform Anfang des Jahres für PCs nicht doch Urheberabgaben zu zahlen sind. Laut der im entschiedenen Fall noch nicht anzuwendenden Novelle besteht ein Vergütungsanspruch hinsichtlich sämtlicher Gerätetypen, die zur Vornahme von bestimmten Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch benutzt werden. Der Anspruch auf eine angemessene Vergütung für private Kopien hängt demnach nicht mehr davon ab, dass die Geräte dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen. Die grundsätzliche Auseinandersetzung dürfte daher weitergehen, zumal neben der VG Wort auch die GEMA eine sich nicht auf die Textvervielfältigung beziehende Urheberrechtspauschale für PCs gerichtlich erzwingen will.

Im Jahr 2005 hatte die VG Wort noch einen Sieg vor dem Oberlandesgericht München erstritten. Dieses bestätigte damals den Beschluss des Münchner Landgerichts, wonach für PCs eine Urheberrechtspauschale von 12 Euro zu zahlen sei. Den PC-Hersteller Fujitsu Siemens Computers hatte die Verwertungsgesellschaft bereits im Oktober 2003 auf eine Abgabe von 30 Euro pro Komplett-PC verklagt. Sie legte dem Konzern zur Last, dass er schon seit Februar 2003 genauso wie andere PC- und Druckerfabrikanten laut einem Vorschlag der Schiedsstelle beim Deutschen Patentamt München 12 Euro pro Gerät zahlen sollte. Dagegen hatten sich die Hardwarehersteller verwehrt und können nun vorerst einen Erfolg feiern. (Stefan Krempl) / (pmz)