US-Städte werden aus der Luft überwacht

Behörden lassen ganze Städte aus der Luft überwachen – ohne konkreten Anlass. Dies berichtet die Washington Post, ganz ohne NSA-Enthüllungen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 90 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Stundenlang kreist ein kleines Flugzeug über einer Stadt und schießt dabei hochauflösende Bilder. Jede Sekunde eines. Damit lassen sich die Bewegungen von Fahrzeugen und Personen über größere Entfernungen verfolgen. Nur zwei Dinge setzen dieser Luft-Boden-Überwachung Grenzen: Die Kosten und Bezirksgrenzen.

"Wir überwachen 65 Quadratkilometer, also sieht man viele Straftaten", zitiert die Washington Post Ross McNutt. "Und, übrigens, wenn Leute Straftaten begangen haben, fahren sie wie Idioten." McNutts ist ein ehemaliger Militär und nun Chef der Firma Persistent Surveillance Systems (PSS) in Dayton im US-Bundesstaat Ohio.

Diese Firma hat, unterstützt durch Subventionen, ein relativ günstiges Überwachungssystem namens Hawkeye II entwickelt. Ein Dutzend kommerziell vertriebener Canon-Kameras wird auf einem Luftfahrzeug montiert und erstellt Bilder mit einer Auflösung von 192 Megapixel. Die Vorrichtung wiegt 150 Kilogramm und zieht 800 Watt Strom. Bei Nachteinsätzen kommen auch Infrarot-Kameras mit geringerer Auflösung zum Einsatz.

Die Bilder werden sofort zu einem Kontrollzentrum am Boden übertragen. Dort kann PSS das Geschehen in der Region praktisch in Echtzeit überwachen oder später nachvollziehen. Gesichter oder Nummerntafeln sind nicht erkennbar. Auch was die Menschen am Boden treiben wird nicht deutlich. Dennoch können einzelne Personen stundenlang verfolgt werden, ohne dass sie es merken.

PSS hat sich laut Washington Post selbst eine "Privacy Policy" verpasst. Sie soll die Speicherdauer der Bilder beschränken und regeln, wer sie wann sehen darf. Die Polizei soll erst hinschauen, nachdem eine Straftat gemeldet wurde. Auf der Website der Firma waren diese "Datenschutzbestimmungen" nicht zu finden. Da in großen Städten laufend Straftaten gemeldet werden, muten diese Regeln wenig einschränkend an.

Das Gesamtpaket kostet pro Stunde 1500 bis 2000 US-Dollar (1100 bis 1500 Euro). Das ist der limitierende Faktor dieser Überwachungsmethode. Außerdem schränken Bezirks- und Staatsgrenzen die Überwachung ein. Bislang nutzt PSS eine Cessna 207 als Fluggerät und war damit den Angaben zu Folge schon über Baltimore, Philadelphia, Compton (Kalifornien) und Dayton in den USA sowie Juarez-Stadt in Mexiko im Einsatz.

Auf der Website der Firma ist darüber wenig zu finden: "Weil unsere Überwachungsarbeit heikel ist, können wir keine Details zu früheren oder laufenden Einsätzen veröffentlichen." Aber soviel ist klar: McNutts ist auf Werbetour; er will möglichst viele Städte von den Vorzügen seines Dienstes überzeugen. Berichte von der Aufklärung eines Überfalls und eines Einbruchs in Dayton helfen ihm dabei.

Dieser Stadt, in der die Firma ihren Sitz hat, unterbreitete er ein Sonderangebot: 200 Überwachungsstunden für nur 120.000 US-Dollar. Den Entscheidungsträgern der 140.000 Einwohner zählenden Gemeinde war das aber noch zu viel.

Wie die Zeitung berichtet, will die Bürgermeisterin lieber, dass private Unternehmen hochauflösende Kameras auf den Dächern hoher Gebäude installieren. Auf eigene Kosten und Verantwortung. Die Videostreams sollen sie dann gratis der Polizei zur Verfügung stellen. Nicht ganz zufällig hat PSS auch für bodengestützte Überwachung hochauflösende Kameras im Angebot. Damit können einzelne Personen auf elf Kilometer Entfernung ausgemacht werden. (anw)