Filtersoftware und Medienkompetenz sollen Jugendschutz stärken

Techniker und Jugendschützer haben bei einem Runden Tisch im Rahmen des "Safer Internet"-Programm der EU acht Leitsätze zur Verbesserung des Jugendmedienschutzes erarbeitet, wobei Websperren außen vor bleiben.

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Techniker und Jugendschützer haben bei einem Runden Tisch im Rahmen des "Safer Internet"-Programm der EU acht Leitsätze zur Verbesserung des Jugendmedienschutzes erarbeitet. Darin kritisieren sie etwa, dass Hilfstechniken wie Filtersoftware oder Alterskontrollsysteme bislang noch nicht "ihr volles Potenzial" entfaltet haben und rufen nach einer stärkeren Zusammenarbeit aller Partner. Vor allem sollten die Möglichkeiten zum Installieren und Konfigurieren autonomer Filterprogramme verbessert werden, um ihren Einsatz zu vereinfachen. Ein dritter Vorschlag lautet, den heranwachsenden Nutzern immer wieder "sichere" und "angemessene" Verhaltenspraktiken etwa über Widgets direkt am Computer oder auf anderen technischen Geräten ins Gedächtnis zu rufen. Auf diesem Weg könne ein Jugendlicher etwa daran erinnert werden, die GPS-Daten einer digitalen Kamera vor der Veröffentlichung der Bilder im Internet zu entfernen.

Ferner ruft der Youth Protection Roundtable Inhalteanbieter und Zugangsprovider auf, Leitlinien für die sichere Nutzung ihrer Dienste für Jugendliche zu entwickeln. Als Beispiel nannte Jutta Croll von der Stiftung Digitale Chancen, die den Runden Tisch leitete, bei der Vorstellung der Ergebnisse am heutigen Freitag in Berlin die Moderation von Chat-Rooms und die Hinweise auf kontrollierte beziehungsweise unüberwachte Ecken im Internet. Der fünfte Punkt dreht sich um die Stärkung der "digitalen Kompetenz" von Jugendlichen sowie Eltern und Erziehern, um einen Schutzschild für die jungen Surfer zu errichten. Dabei könne es etwa darum gehen, Kinder zu motivieren, ihren Eltern Hinweise auf unerwünschte Kontaktversuche im Netz zu geben.

Ferner wollen die Prinzipien die Aufmerksamkeit stärken für die Risiken und Gefahren Jugendlicher im Internet. Dabei sollten die Chancen des Internet für die Stärkung die Bildung von Gemeinschaften etwa nicht vergessen werden. Die Forschung rund um technische Werkzeug und Erziehungsmethoden sei zu verbessern. Schließlich werden rechtliche Anpassungen gefordert. Wichtig sei etwa eine EU-weite Harmonisierung der Definition "illegaler Inhalte". Auch die Datenschutzbestimmungen etwa für soziale Netzwerke müssten überdacht werden.

Generell betonte Croll, dass es bei den diversen durchgeführten Gesprächsrunden und Befragungen von Experten sowie Jugendlichen vor allem um Gedankenaustausch und Technikfolgenabschätzung gegangen sei. Ganz oben auf der Agenda gestanden habe auch der Versuch, eine gemeinsame Sprache zwischen den Generationen sowie zwischen Technikern und Wohlfahrtsarbeitern zu finden. Alle Teilnehmer hätten sich darauf verständigt, an der Umsetzung der Prinzipien entsprechend ihrer Fähigkeiten mitzuwirken. Die Leitsätze würden zudem regelmäßig an die sich ändernden Techniken angepasst. Zur Implementierung in den einzelnen zuständigen Gruppen hätten die Beteiligten ein 50-seitiges, aber letztlich unverbindliches "Toolkit" mit ausgearbeitet. An eine beispielhafte Umsetzung will sich die zum Bertelsmann-Konzern gehörende E-Learning-Community Scoyo machen.

Richard Swetenham von der EU-Kommission begrüßte, dass der Runde Tisch alle Interessensvertreter zusammengebracht habe und die Selbstregulierung funktioniere. Zugleich verwies er aber auf den von der EU-Kommission auf den Weg gebrachten Vorschlag für die Überarbeitung der Rahmenrichtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und den darin enthaltenen Vorstoß zur Blockade kinderpornographischer Webseiten. Der Vertreter Brüssels räumte zwar ein, dass es sich dabei um eine kontroverse Maßnahme handle. Die Kommission sei aber der Ansicht, dass es sich um ein die Strafverfolgung unterstützendes Mittel handeln könne.

Skeptischer beobachtete Erika Mann, Mitglied im Industrieausschuss des EU-Parlaments, diese jüngste Initiative der Brüsseler Behörde. Nach Ansicht der SPD-Politikerin wäre es besser, die Anbieter kinderpornographischer Darstellungen direkt anzugehen. Zufällig stoße man im Web nicht auf entsprechende Bilder, diese würden meist in geschlossenen Zirkeln getauscht. Zugleich erinnerte Mann daran, dass sie sich in ihrer Jugend an Kiosken und Bibliotheken völlig ungehindert Erwachsenenliteratur beschaffen haben könne. Inzwischen habe sich vieles geändert und manche Jugendschützer würden übers Ziel hinausschießen. Es sei nötig, die Freiheit der Mediennutzung mit dem Jugendschutz auszubalancieren.

Eltern riet die Sozialdemokratin, besser nur wenige Verbote zu erlassen, dafür aber positive Ziele wie das Erlernen einer Computersprache mit der Nutzungserlaubnis zu verbinden. Zugleich begrüßte sie den Ansatz des Runden Tisches, junge Nutzer und Ausbilder mit einem Mix aus Technik und Medienkompetenz zur angemessenen Internetnutzung zu ermuntern. "Ich bin gegen Limits", betonte Mann, solange es sich nicht um klar als illegal gekennzeichnete Inhalte handle. Kinder sollten angeleitet werden, selbst zu verstehen, was gut und böse im Internet sei und eigene, auch negative Erfahrungen zu machen. (Stefan Krempl) / (jk)