Kommentar zu Facebooks WhatsApp-Kauf: Der Kampf um das Mobildisplay

Einen Haufen Geld zahlt Mark Zuckerberg für ein recht kleines Unternehmen – so viel, wie zuvor noch nicht für ein Start-up bezahlt wurde. Das zeigt erneut, wie wichtig dem Facebook-Gründer die mobile Plattform ist.

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19 Milliarden US-Dollar! Für eine kleine, mit Verlaub: Software-Klitsche, die gerade einmal ein paar Dutzend Mitarbeiter beschäftigt! Dreht Mark Zuckerberg jetzt durch? Die ersten Kommentare aus der Branche jedenfalls sind hämisch. Mark Zuckerberg und WhatsApp-Chef Jan Koum mussten Investoren in einer Telefonkonferenz beschwichtigen.

Ob Zuckerberg das Geld jemals wieder hereinholen wird, lässt sich schwer abschätzen. Der Deal zeigt aber sehr deutlich, wie wichtig dem Facebook-Chef die mobile Plattform ist. Unter den sozialen Netzwerken ist Facebook unangefochten die Nummer eins und hält Google Plus trotz aller Bemühungen des Suchmaschinengiganten auf Distanz.

Eine Analyse von Jo Bager

Jo Bager arbeitet schon seit fast zwanzig Jahren bei c't und seit dem Start auch bei heise online. Er schreibt über Suchmaschinen, soziale Netze und Web-Dienste aller Art und ist immer wieder fasziniert davon, wie sich die IT-Branche permanent neu erfindet.

Doch das genügt nicht. Wie die jüngsten Geschäftszahlen gezeigt haben, geben Facebooks Nutzungszahlen auf dem Desktop nach, zulegen konnte das Unternehmen nur auf mobilen Geräten. Und auf der Plattform "mobil" liegt Google vorne: Das Betriebssystem Android gehört Google gewissermaßen, auch wenn es eigentlich unter Open Source firmiert.

So sind wie selbstverständlich auf vielen Android-Geräten etwa ein Dutzend Google-Apps installiert, von Drive über Earth, die verschiedenen Play-Apps und natürlich Maps. Die Google-Suche ist sogar auf dem Standard-Startbildschirm verankert: Google ist auf dem meistbenutzten Mobilbetriebssystem omnipräsent. Auf iOS ist Google zwar nicht ganz so stark vertreten, aber zum Beispiel Maps ist nach wie vor sehr beliebt.

Es ist nicht so, dass Facebook nicht selbst Apps hätte, unter Android etwa die Facebook-Apps selbst und den Messenger. Und Facebook hat auch schon versucht, weiter in Googles Domäne einzudringen. Facebook Home nannte sich der erste, etwas plumpe Versuch, den Homescreen zu kapern – kein großer Erfolg. Mit der News-App Paper will Facebook etwas Boden wieder gut machen. Und offensichtlich will Facebook auch noch weitere, spezialisiertere Apps herausbringen, wie der für Wachstum im Mobil-Bereich zuständige Facebook-Manager Javier Olivan ankündigte.

Das alles ist aber nicht genug, offenbar wuchs WhatsApp zu schnell. Jetzt soll der Zukauf den fehlenden Erfolg der eigenen Apps auf den mobilen Geräten ausgleichen. Die 19 Milliarden sind, wie re/code titelt, der Preis dafür, kein eigenes Mobilbetriebssystem zu haben.

Wie wichtig Zuckerberg das Thema mobil ist, zeigt auch, dass er als Keynote Speaker zum Mobile World Congress kommt. Es wird spannend zu hören, was er dort zu der Übernahme sagt. Oder ob er vielleicht sogar weitere Deals ankündigt. Denn ob Facebook mit der Übernahme von WhatsApp den Markt für das mobile Messaging wirklich aufrollen und Boden auf dem Mobilmarkt gutmachen kann, lässt sich heute noch gar nicht sagen. Mit Viber, Line, KakaoTalk, Threema oder WeTalk gibt es etliche weitere Konkurrenten in diesem Markt, die jeweils eine dreistellige Millionenzahl von Nutzern vorweisen können. (anw)