Breitband: Netzallianz schreibt am "Kursbuch Netzausbau"

Zum Auftakt der von Infrastrukturminister Dobrindt initiierten Netzallianz versicherten Telekommunikationsfirmen, die Ziele der Regierung zum flächendeckenden Breitbandausbau mittragen zu wollen. Geld soll aus einer neuen Frequenzversteigerung kommen.

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Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, hat zum Auftakt der von ihm ins Leben gerufenen "Netzallianz" ein "Kursbuch Netzausbau" angekündigt. Darin sollten die vereinbarten Schritte zum Breitbandausbau über mehrere Jahre hinweg festgehalten werden, erklärte der CSU-Politiker am Freitag nach der ersten Gesprächsrunde mit Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft in Berlin.

Die Netzallianz soll entscheidend zur Verwirklichung des flächendeckenden Breitband-Ausbaus mit mindestens 50 MBit/s beitragen. Bisher verfügt nur rund die Hälfte der deutschen Haushalte über entsprechend schnelle Anschlüsse. Die von Schwarz-Rot zunächst vorgesehene eine Milliarde Euro für den Ausbau war im Herbst Sparauflagen zum Opfer gefallen. Insgesamt werden Schätzungen zufolge rund 20 Milliarden Euro benötigt, um den Ausbau zu stemmen.

Jens-Schulte Bockum (Vodafone), Minister Alexander Dobrindt und Timotheus Höttges (Telekom) stellen die Netzallianz vor.

(Bild: heise online/Stefan Krempl)

Dobrindt kündigte nun an, zusätzliche staatliche Mittel über die für 2016 geplante Auktion des 700-MHz-Bandes aus der sogenannten zweiten Digitalen Dividende zur Verfügung stellen zu wollen. Anders als bei der spektakulären UMTS-Versteigerung solle dabei "der Großteil der Erlöse wieder zurückfließen in die Unternehmen". Es handle sich dabei voraussichtlich um einen Milliardenbetrag. "Jeder Euro, der reinkommt, wird auch in den Netzausbau gesteckt werden", versicherte der Dobrindt. Das Hin- und Herschieben vieler Millionen zwischen Staat und Wirtschaft mache Sinn, da die Frequenzvergabe und die entsprechende Versteigerung "wettbewerbliche Elemente" darstellten. Noch erheben neben den Mobilfunkern aber auch Rundfunksender Anspruch auf die Nutzung der weiteren digitalen Dividende.

Die Bundesregierung will Dobrindt zufolge ferner dafür sorgen, dass Förderungen der Bundesländer, die Netzbetreiber derzeit aufgrund EU-Blockaden nicht abrufen können, in vollem Umfang freigegeben werden. Der Minister freute sich, dass bei dem mehrstündigen Gespräch alle Seiten "sehr viele Gemeinsamkeiten" hätten ausmachen können. Man sei sich einig gewesen, kooperativ das "große gesellschaftliche Projekt" eine Stufe weiter zu bringen. Die Unternehmen hätten erklärt, dafür mit Verantwortung tragen zu wollen.

"Die Wille der Industrie, die Flächendeckung zu erreichen, ist gegeben", unterstrich der Chef der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges. Wie man Festnetzverbindungen konkret wirtschaftlich in die entlegensten Gebiete kriegt, solle "auf dem nächsten Gipfel eine Rolle spielen". Das Thema Glasfaser bis zur Wohnung sei auch nicht Gegenstand der Debatte gewesen. Für Höttges wird der Ausbau mit einem "Technologie-Mix aus Mobilfunk und Festnetz" zu machen sein. Letztlich basiere "alles, was wir tun, auf Glasfasertechnologie". "Wichtiger als irgendwelche Fördermaßnahmen" bezeichnete Jens Schulte- Bockum, Chef von Vodafone Deutschland, "langfristige rechtliche Rahmungsbedingungen". Insgesamt werde die Wirtschaft den Plan mittragen.

Ralf Kleint, Präsident des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko) erklärte, dass allein alternativen Netzbetreibern 9,1 Milliarden Euro für den vorgesehenen Netzausbau in die Hand nehmen müssten. Dabei gehe es häufig um langfristige Einsätze von 18 Jahren und mehr. Nötig sei daher eine verlässliche Regulierung, die Dobrindt zugesichert habe. Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) bewertete das Treffen "als Auftakt positiv", da auch viele kleinere, im Ausbau aktive Unternehmen direkt oder indirekt vertreten gewesen seien. Die Telekom-Herausforderer erachten es aber als wichtig, dass auch Länder und Kommunen mit an den Tisch genommen werden.

Im Vorfeld hatte der Hightech-Verband Bitkom "konkrete Vorschläge" von der Politik erwartet, wie der Staat den Unternehmen beim Ausbau helfen könne. Dazu gehöre ein "stabiler und anreizorientierter Regulierungsrahmen", der in Streitfragen wie der Netzneutralität und dem Verkehrsmanagement Betreibern ihre "kommerzielle Freiheit" lasse. Zudem seien in Regionen, in denen ein marktgetriebener weiterer Ausbau nicht realisierbar ist, zusätzlich "gezielte und technologieneutrale Fördermaßnahmen" nötig.

Ebenfalls nach investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen rief der Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber (ANGA). Die Branche sei in den vergangenen Jahren "erheblich in Vorleistung gegangen", hieß es dort: Ende 2013 hätten mehr als 60 Prozent der ans Kabelnetz angeschlossenen deutschen Haushalte Hochgeschwindigkeitsinternet von 100 MBit/s und mehr buchen können. Die aktuellen Breitbandziele der Bundesregierung nähmen die zu erwartenden Entwicklungen im High-Speed-Segment so nicht hinreichend in den Blick. In diesem Gebiet müssten Bund und Länder die Weichen richtig stellen, während "immer neue Belastungen wie zusätzliche Auflagen im Bereich Kundenschutz" ein falsches Signal setzten. (vbr)