Project Morpheus: Sonys Virtual-Reality-Brille für die PS4

Sony hat auf der GDC den Prototypen einer VR-Brille für die PS4 vorgestellt. Project Morpheus ähnelt technisch der Oculus Rift, geht bei den Spielen und Eingabegeräten aber darüber hinaus.

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Shuhei Yoshida, Chef der Spiele-Entwicklung bei Sony Computer Entertainment, präsentierte auf der Game Developers Conference in San Francisco erstmalig den Prototypen einer Virtual-Reality-Brille, die Sony derzeit für die Playstation 4 entwickelt. Das System hört auf den Namen Project Morpheus und gleicht in vielen Punkten der Oculus Rift. Es besteht aus einer VR-Brille, die dank eines großen Blickwinkels den Spieler in die Spielewelt eintauchen lässt.

Die bisher veröffentlichten technischen Spezifikationen entsprechen denen der Oculus Rift: Die Auflösung soll 1920 x 1080 Pixel betragen, die einen Blickwinkel von über 90 Grad abdecken. Der Headtracker erfasst Kopfbewegungen mit 1000 Hz. Über am Brillengehäuse verteilte Lampen kann die PS4-Kamera die Position der VR-Brille aus allen Richtungen erfassen, wobei Sony die etwas unsinnige Angabe „3 Meter working volume“ macht. Doch die PS4-Kamera kann nicht nur die Raumposition der Brille, sondern auch die des Move-Controllers und des PS4-Gamepads erfassen, sodass diese als Eingabegeräte in der virtuellen Umgebung dienen. Hier hat Sony einen Vorteil gegenüber Oculus VR, die für die Rift mit dem dem Crystal-Cove-Prototypen zwar ebenfalls eine Full-HD-Brille mit Positions-Tracking vorgestellt, aber bislang keine eigenen Eingabegeräte für Virtual Reality vorzuweisen haben.

Project Morpheus (10 Bilder)

Die Morpheus-Brille soll wie die Oculus Rift einen großen Blickwinkel mit einem FullHD-Display abdecken. Kopfhörer lassen sich über eine Buchse direkt an der Brille anschließen. (Bild: Sony)

Pro PS4-Konsole soll nur eine Brille angeschlossen werden. Sie bringt einen Klinkenanschluss für separate Kopfhörer mit. Eine neu entwickelte binaurale Simulation soll die Position der Geräusche ebenfalls korrekt berechnen und auf Stereo-Kopfhörern ausgeben.

Über ein Adapter-Kabel soll das Brillen-Bild auch auf den Fernseher ausgegeben werden, sodass Mitspieler ebenfalls sehen, was unter der Brille passiert. Dieser soziale Aspekt ist Sony wichtig. Angedacht seien beispielsweise asymmetrische Multiplayer-Titel, in denen die Spieler vor dem Fernseher als Gegner für den Brillenträger auftreten, oder aber Spiele, in denen die Brille von Spieler zu Spieler weitergereicht wird. Die Passform soll sich weitgehend anpassen lassen. Das Gewicht der Brille ruhe vor allem auf dem Kopf und drücke nicht mehr wie ältere Sony-Brillen auf die Nase.

Der derzeitige Prototyp könne sich noch bis zur Veröffentlichung ändern. So habe man sich weder bei der Latenz noch der Bildwiederholrate festgelegt. Vorausberechnungen der Bewegungen sollen Verzögerungen bei der Darstellung verringern. Man sei insbesondere auf das Feedback der Entwickler auf der GDC gespannt und wolle ihnen die kommenden Tage Gelegenheit geben, verschiedene Demos auszuprobieren. Darunter sei eine von Sonys London-Studio entwickelte Taucher-Demo „The Deep“, in der um den Spieler Fische und Haie herumschwimmen, eine Demo „The Castle“, die eine große Burg zeigt, eine frühe Version des Weltraum-Shooters „Eve Valkyrie“ vom isländischen Eve-Online-Entwickler CCP sowie ein Ausschnitt aus „Thief“ von Square Enix.

Shuhei Yoshida erklärte, dass Sony bereits seit Jahren mit verschiedenen VR-Brillen experimentiere. An den ersten Bastelleien vor vier Jahren habe man noch Move-Controller per Klebeband befestigt. Er selbst habe beispielsweise eine VR-Version von „God of War 3“ aus der Ego-Perspektive gespielt. „Dabei hat mir besonders gefallen, dass ich wie Kratos aussah, als ich an mir herunterblickte,“ erklärte er vor vollbesetztem Saal. Derzeit beschäftige sich vor allem Sonys Studio London mit der Entwicklung von VR-Spielen, die übrigen Studios experimentierten mit dem Morpheus-System.

Sony will eine Reihe von unterschiedlichen Spielen für Morpheus entwickeln. Sie sollen von touristischen Besichtigungen und langsamen Casual-Spielen bis zu schnellen Action-Spielen reichen. Steuern ließen sie sich mit dem Move-Controller oder Gamepad vor der PS4-Kamera. Nach unseren bisherigen Erfahrungen mit VR-Spielen eignen sich besonders Titel, in denen der Spieler in einem großen Cockpit sitzt, oder sich aber wie in einem Horror-Spiel sehr langsam durch die Umgebung bewegt. So würde es uns nicht wundern, wenn Sony neben kleineren Casual-Titeln beispielsweise auch Gran Turismo für seine VR-Brille umsetzt — es wäre ein überaus naheliegendes Rennspiel. In jedem Fall muss Sony sicherstellen, dass den Spielern unter der Brille nicht schlecht wird, denn die Simulatorkrankheit ist derzeit noch das größte Problem, mit dem VR-Brillen zu kämpfen haben.

Im Vergleich zu Oculus hat Sony natürlich sehr viel mehr Mittel, um neben der Brillen-Hardware auch die passenden Spiele zu produzieren. Geeignete Eingabegeräte sind bereits vorhanden. Das Startup Oculus VR kann zwar mit keiner so großen eigenen Spieleabteilung aufwarten, hat jedoch den Vorteil, dass sie sich auf die PC-Plattform konzentrieren, die mit potenten Grafikkarten leistungsfähiger als eine PS4 ist. „Wir haben den größten Respekt vor Oculus und Valve, wie sie das Thema Virtual Reality vorantreiben,“ erklärte Shuhei Yoshida. Dass mit Sony nun auch einer der großen Konsolenhersteller aufspringt, hilft dem Thema Virtual Reality, populär zu werden. Es ist ein notwendiger Schritt, um VR-Brillen von einem Nischenthema einiger Geeks zu einem Thema zu machen, das auch von den großen Spiele-Studios bedient wird und von dem Mainstream-Medien berichten. Insofern dürfte Oculus Sony weniger als Konkurrenten fürchten, sondern als Mitstreiter begrüßen.

Sony nannte weder einen Termin noch einen Preis seiner Morpheus-Brille. Angesichts der Präsentation darf man aber bezweifeln, dass das System noch in diesem Jahr auf den Markt kommt. Weihnachten 2015 wäre angesichts der generellen Entwicklungszyklen von Videospielen durchaus realistisch – aber der Konsolenzyklus der PS4 hat ja auch gerade erst begonnen. (hag)