Europäisches Patentamt erteilte 2007 weniger Schutzrechte

Die Münchner Behörde hat im vergangenen Jahr 54.699 Patentanträgen entsprochen - ein Rückgang um 12,9 Prozent. Prüfer müssen bei der Einstellung zudem nur noch zwei Amtssprachen beherrschen.

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Das Europäische Patentamt (EPA) erteilte im vergangenen Jahr deutlich weniger Patente als 2006. Die Münchner Behörde hat nach eigenen Angaben 2007 exakt 54.699 Anträgen auf die Erteilung eines gewerblichen Rechtsschutzes entsprochen, was einem Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um 12,9 Prozent gleichkommt. Die Abnahme liegt laut der EPA-Präsidentin, Alison Brimelow, angesichts eines erneuten Anstiegs der Patentanträge um 3,9 Prozent auf 140.700 an einem neuen Fokus auf die Qualität statt der Quantität der vergebenen Patente. Die Behörde lege Wert darauf, dass die erteilten zeitlich befristeten Monopolrechte auch tatsächlich relevant seien. Angesichts der Zahlen sprach sie daher von einem "Schritt in die richtige Richtung".

Die Zustimmung der EPA-Belegschaft zu ihren obersten Führungsgremien ist zugleich auf einem Tiefstand. So haben dem Verwaltungsrat nach einer Umfrage unter den mehreren tausend Mitarbeitern nur noch vier Prozent ihr Vertrauen ausgesprochen. Auch mit dem direkten Management und der Präsidentin sind nur sechs Prozent zufrieden. Zudem stöhnen vor allem die Prüfer seit langem über chronische Arbeitsüberlastung.

Erst im April hatte Brimelow selbst beklagt, dass die Arbeitsrückstände am EPA und den anderen weltweit größten Patentämtern in den USA und in Japan immer größer und mit eigenen Mitteln nicht mehr zu bewältigen seien. Sie hatte deshalb für eine verstärkte Kooperation der drei Behörden geworben. Dabei brachte sie auch den Vorschlag ins Spiel, Material zu Patentrecherchen gemeinsam zu nutzen. Eine gegenseitige Anerkennung erteilter Patente auf globaler Ebene schien ihr im Gegensatz zu Forderungen des Transatlantischen Wirtschaftsrates aufgrund offensichtlicher Systemunterschiede dagegen inakzeptabel.

Für neue Spannungen innerhalb des EPA hat eine Entscheidung des Verwaltungsrates am vergangenen Donnerstag geführt. Demnach soll es künftig ausreichen, dass ein neuer Mitarbeiter nur noch zwei der drei offiziellen Amtssprachen Deutsch, Englisch und Französisch beherrscht. Derzeit sind alle drei Sprachen obligatorisch. Zudem sollen Arbeitsverträge zunächst auf drei Jahre befristet werden.

Die Internationale Gewerkschaft der Patentbehörde (SUEPO) sieht in dem Schritt eine weitere "Bedrohung für die Qualität der Patente". Während Patentprüfer und Industrievertreter gleichermaßen auf den Erhalt von hochwertigen Patenten drängen, werde mit der Einstellung von weniger qualifizierten Patentprüfern das genaue Gegenteil erreicht. So würden etwa viele einschlägige Expertisen nur in einer der drei Amtssprachen existieren. Die verlängerte "Probezeit" dürfte zudem potenzielle hoch qualifizierte Bewerber abschrecken und den Arbeitszeit in den ersten drei Jahren erhöhen. Bei dem von Brimelow immer wieder angekündigten intensiven Dialog zwischen Mitarbeitern und Führungsspitze scheine es sich ferner weitestgehend um Lippenbekenntnisse zu handeln, da die Kritik der Belegschaft an dem Vorhaben ungehört verhallt sei.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)