Urheberrecht: Bibliotheken und Verleger streiten über E-Book-Verleih

Der Deutsche Bibliotheksverband fordert erweiterte Nutzerrechte für die Online-Ausleihe von E-Books. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels ist strikt dagegen und sieht den Markt für elektronische Bücher gefährdet.

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Zum Auftakt der europäischen Kampagne "The Right to E-Read" hat der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) den Gesetzgeber am Dienstag aufgefordert, die Verwertungsrechte von Autoren und Verlagen im Interesse einer einfacheren Verleihmöglichkeit von E-Books einzuschränken. Die Bibliotheken beklagen,
dass einige Verlage das Verleihen elektronischer Bücher verbieten.

Büchereien fordern Einschränkungen der Verwertungsrechte, um alle E-Books verleihen zu können. Der Börsenverein ist strikt dagegen.

(Bild: dpa, Arne Dedert)

Anders als bei gedruckten Werken hätten Büchereien derzeit kein Recht auf Erwerb und Verleih elektronischer Bücher, begründete der dbv-Vorsitzende Frank Simon-Ritz den Vorstoß. Einschlägige Bestimmungen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ließen sich nicht anwenden, da bei der elektronischen Variante "keine Datei an die Bibliothek zurückgegeben werden kann". Daher erfolge für die Ausleihe von E-Medien auch keine Vergütung der Rechteinhaber über die übliche Bibliothekstantieme.

Die Bibliotheksvertreter drängen daher auf die rechtliche Gleichstellung von E-Books und gedruckten Büchern und ein ausgedehntes Verbreitungsrecht. Sonst könnten Büchereien nicht "jedes E-Book erwerben" und vor allem Bestseller nicht elektronisch verleihen, sondern blieben "abhängig von der individuellen Entscheidung der Verlage über die Lizenzerteilung". Damit werde aber der Kernauftrag der Bibliotheken unterlaufen, allen Bürgern Bildung und Information zu fairen, einfachen und kostengünstigen Bedingungen zu ermöglichen.

Für den Verlegerausschuss des Börsenvereins bedeutet das "effektiv" ein "uneingeschränktes Nutzungsrecht bei E-Books mit grenzenloser Kopierbarkeit". Ein solches hätte "gravierende Konsequenzen für Urheber, Verleger und die gesamte Literaturversorgung", warnt das Gremium in einer Stellungnahme. "Nachhaltige E-Book-Geschäftsmodelle" könnten sich so nicht entwickeln, der noch junge Markt werde abgewürgt.

Der Börsenverein sieht keinen großen rechtlichen Anpassungsbedarf und möchte lieber "mit den öffentlichen Bibliotheken zu angemessenen Bedingungen Lizenzverträge über die Nutzung von E-Book- oder Audiobook-Dateien abschließen". Dies führe "schnell gut und kostengünstig für den Leser zum Ziel" und sichere die Autorenvergütung. Dass ein solcher Ansatz funktioniere, beweise etwa der Anbieter Divibib mit seinem System "Onleihe", an das bereits fast 2000 Bibliotheken angeschlossen und über das etwa 160.000 Titel verfügbar seien.

Beschleunigen und erleichtern könnte die Politik diesen Prozess nach Ansicht des Börsenvereins allenfalls durch eine Freistellung des Sektors von den gesetzlichen Wettbewerbsauflagen. Derzeit sei es Mitgliedsfirmen des Zusammenschlusses kartellrechtlich verwehrt, über branchenweite Lizenzierungslösungen für das Verleihen von E-Books mit Bibliotheksvereinigungen wie dem dbv zu verhandeln. (vbr)