Freier Videocodec Ogg Theora ist H.264 auf den Fersen [Update]

Durch Optimierungen am neuen Encoder "Thusnelda" steigt die Kodiereffizienz des lizenzkostenfreien Videocodecs Ogg Theora deutlich, sodass er bei Webvideos zu einer brauchbaren Alternative zu H.264 werden könnte.

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Der effiziente offene Industriestandard für Videokodierung, MPEG-4 AVC (H.264), mausert sich in allen Bereichen zum Branchenprimus: Handys und mobile Player spielen das Format, HDTV-Angebote und Blu-ray Discs nutzen es, Fotoapparate und HD-Camcorder zeichnen darin auf. Auch für Webvideos wird der momentan effizienteste Videokompressionsalgorithmus eingesetzt, seitdem Adobe den Codec im Flash Player integriert hat (Microsoft rüstet in Silverlight 3 ebenfalls H.264 nach). Nichtsdestotrotz hat H.264 einen Haken: Spätestens ab 2011 werden für Internet-Streamingangebote Lizenzgebühren fällig.

Deswegen schlugen das World Wide Web Consortium (W3C) und Mitglieder der Web Hypertext Application Technology Working Group (WhatWG) die von der Xiph Foundation entwickelten freien Ogg-Codecs Theora (Video) und Vorbis (Audio) im "W3C Editor's Draft" für HTML 5 als Standard für die vorgesehenen video- und audio-Elemente vor. Doch schließlich sorgten unter anderem von Nokia vorgetragene Bedenken "der Patentrisiken" solch "proprietärer Codecs" dafür, dass der Passus wieder aus dem Draft gestrichen wurde. Nichtsdestotrotz wird der kommende Firefox 3.5 die Ogg-Codecs unterstützen; auch experimentelle Fassung von Opera 9.6 unterstützen die Formate.

Einen wesentlichen Effizienzschub für Ogg Theora versprechen sich die Entwickler von einem neu entwickelten abwärtskompatiblen Encoder namens "Thusnelda", der im kommenden Theora 1.1 zum Einsatz kommen soll. Jüngste Verbesserungen – etwa der Einsatz einer forward Discrete Cosine Transformation (fDCT) – zeigen deutliche Fortschritte. Erstmals lieferte Thusnelda mitunter bessere PSNR-Werte (Peak Signal to Noise Ratio) als der freie H.264-Encoder x264 – allerdings bei dem äußerst bewegungsarmen Testclip "akiyo". Dabei ist zu beachten, dass es sich bei PSNR um einen objektiven, jedoch rein mathematischen Wert handelt, der nicht unbedingt mit der visuellen Wahrnehmung übereinstimmt; dennoch verwenden Codec-Entwickler den Wert als ersten Anhaltspunkt für die Kodiereffizienz ihrer Schöpfung.

Vor der Veröffentlichung von Theora 1.1 stehen unter anderem noch ein Optimierung der Quantisierungsmatrizen sowie adaptive Quantisierung an. Mehr über Theora und Thusnelda lesen Sie in der kommenden c't-Ausgabe 11/09, die ab Montag, den 11. Mai, erhältlich ist.

Update:
Einem Posting auf der FFmpeg-Mailingliste zufolge, hat sich mittlerweile herausgestellt, dass die gegenüber x264 besseren PSNR-Werte auf eine falsche Auswertung zurückzuführen sind. Angeblich hat der Fehler zu einer 4 dB schlechteren Bewertung von x264 geführt. Demnach wäre der PSNR-Wert von x264 auch bei den höheren Bitraten (unterhalb von 120 kBit/s war es ohnehin schon besser) um durchschnittlich 2 dB größer als der von Thusnelda. Nichtdestotrotz liefert Thusnelda mit Abstand bessere Ergebnisse als der Mainline-Encoder von Theora 1.0, die für viele Anwendungsfälle im Internet ausreichen dürfte. Die Qualitätssteigerung dürfte vor allem Wikipedia zugute kommen, denn Wikimedia Commons erlaubt einzig die lizenzkostenfreien Ogg-Codecs für Audio/Videoinhalte. (vza)