EU-Rat schwächt Datenschutz in der Telecom-Regulierung

Der EU-Telekommunikationsrat hat sich in den Beratungen zum Telecom-Paket darauf geeinigt, dass künftig Verkehrsdaten einzelfallunabhängig verarbeitet werden dürfen, um die Netz- und Informationssicherheit zu gewährleisten.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Der EU-Telekommunikationsrat hat sich am gestrigen Donnerstag in den Beratungen zum Telecom-Paket darauf geeinigt, dass künftig Verkehrsdaten einzelfallunabhängig verarbeitet werden dürfen, um die Netz- und Informationssicherheit zu gewährleisten. Im Rat hatten mehrere Mitgliedstaaten dies anlässlich der Beratungen über Änderungen der Richtlinie zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation (2002/58/EG) vorgeschlagen. Damit folgen sie den Vorstellungen des US-Branchenverbands Business Software Alliance.

Deutschland und Bulgarien hatten Bedenken geäußert, aber letztlich zugestimmt. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos hatte noch vor wenigen Tagen in einem Schreiben an eine Gruppe von Juristen, Journalisten und Verbraucherorganisationen, die Anfang Oktober vor der Regelung gewarnt hatten, versichert, dass Deutschland sich im Rat dagegen aussprechen werde.

Aus deutscher Sicht war eine derart explizite Regelung nicht notwendig, da § 100 des Telekommunikationsgesetzes auf der Grundlage der geltenden Richtlinie bereits den Telekommunikationsdiensteanbietern eine zielgerichtete, einzelfallbezogene Datenverarbeitung zur Fehlerbeseitigung sowie Missbrauchsbekämpfung erlaubt. Außerdem sind in Deutschland Anbieter von Telekommunikationsdiensten aufgefordert, ihre Systeme so sicher zu gestalten, dass Angriffe von vornherein erfolglos bleiben.

Für die Verwertung der Verkehrsdaten ist kein Zeitbezug vorgesehen. Damit können Unternehmen für mögliche Sicherheitszwecke diese Daten unbefristet speichern. Darauf hatte der Jurist Patrick Breyer hingewiesen, der sich für den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung engagiert. Auch schwächt der vom Rat verabschiedete Kompromiss die Kontrollrechte von Datenschutzbeauftragten, da diesbezügliche Formulierungen gestrichen wurden. Außerdem sah die Parlamentsfassung eine Benachrichtigung der Betroffenen in den Fällen vor, in denen fundamentale Rechte des Einzelnen betroffen sind. Diese Formulierung wurde ebenfalls gekürzt.

Großbritannien hatte eine generelle Ermächtigung für die Verarbeitung von Verkehrsdaten zum Zwecke der Sicherheit der Telekommunikation gefordert, konnte sich damit allerdings auch nicht durchsetzen. Eine Einigung gab es aber bei Regelungen über "rechtmäßige Inhalte", die im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen über verschiedene Änderungseinträge in die Parlamentsfassungen eingebracht wurden. Diese werden nun über einen horizontalen Gesetzesvorschlag allesamt aus dem Telekommunikationspaket herausgenommen.

Einige Mitgliedsstaaten hatten zu verschiedenen Themen des Telecom-Pakets Bedenken geäußert, aber außer nur in wenigen Punkten entweder dem Entwurf zugestimmt oder sich enthalten. Damit wird eine Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode ermöglicht. Die weiteren Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission in zweiter Lesung würden jetzt unmittelbar aufgenommen, kündigte der französische Industriestaatssekretär und Ratsvorsitzende Luc Chatel an. "Eine Einigung vor den Europawahlen ist jetzt möglich", sagte die CSU-Europaabgeordnete Angelika Niebler. Die Verhandlungen müssen bis April abgeschlossen sein, da im Juni die Hochphase des Wahlkampfs für die Europawahlen beginnt.

Siehe zum EU-Telecom-Paket auch:

(Christiane Schulzki-Haddouti) / (anw)