Urteil: Unwissentlicher Upload in Tauschbörse nicht strafbar

Nach Ansicht des OLG Oldenburg kann nicht ohne weiteren Nachweis davon ausgegangen werden, dass es Nutzern von Tauschbörsen bewusst ist, wenn sie heruntergeladene Dateien automatisch auch anderen Usern anbieten.

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Von
  • Joerg Heidrich

Während Gerichtsverfahren rund um die Verletzung des Urheberrechts durch die Nutzung von Tauschbörsen im zivilrechtlichen Bereich inzwischen schon alltäglich sind, gibt es vergleichsweise wenig Urteile aus dem Strafrecht. Über die Frage einer potenziellen Strafbarkeit bei der Nutzung von P2P-Angeboten hatte nun das OLG Oldenburg zu entscheiden. Mit Beschluss vom 8. Mai 2009 (Az. 1 Ss 46/09) entschieden die Richter, allein aus der Teilnahme an einer Tauschbörse sei nicht automatisch abzuleiten, dass sich der jeweilige User dessen bewusst ist, dass er die heruntergeladenen Dateien auch gleichzeitig verbreitet.

Dem Angeklagten in diesem Verfahren war vorgeworfen worden, er habe Gewaltpornografie in einem P2P-Netzwerk zugänglich gemacht. Das ist nach Paragraf 184a des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar. Das Amtsgericht Jever hatte den Angeklagten im Oktober 2007 zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt. Das Landgericht Oldenburg hatte diese Entscheidung in der Berufung bestätigt. Anders sahen dies jedoch die Richter des OLG Oldenburg, sie hoben nun die Entscheidung auf.

Die vorliegenden Beweise seien falsch gewürdigt worden, meint das OLG. Denn in dem Verfahren hatte der Angeklagte ausgesagt, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass die von ihm heruntergeladenen und im Ordner "incoming" gespeicherten Daten sofort auch anderen Nutzern der Tauschbörse zur Verfügung standen. Vielmehr sei er davon ausgegangen, dass man Dateien in einem gesonderten Ordner ausdrücklich freigeben müsse, um sie anderen Nutzern zugänglich zu machen.

Das Landgericht hatte gemeint, der Angeklagte habe als Nutzer einer Tauschbörse gewusst, dass bei Nutzung des Programms auch von dem eigenen PC Daten zur Verfügung gestellt werden oder dieses zumindest in Kauf genommen wird. Wer ein P2P-Angebot aktiv nutze, wisse auch, wie das dazugehörige Programm funktioniere. Hinzu komme, dass sich ähnliche Dateien in nicht frei zugänglichen Ordnern auf dem PC des Angeklagten befunden hätten. Wenn sich der Angeklagte der Funktion der Tauschbörse nicht bewusst gewesen wäre, hätte er diese Dateien nicht in andere Ordner zu verschieben brauchen.

Nach Ansicht der OLG-Richter widerlegen diese Ausführungen jedoch nicht die Einlassung des Angeklagten. Ein Erfahrungssatz dahingehend, dass ein – auch wiederholter – Nutzer einer Tauschbörse wisse oder zumindest damit rechne, dass er die von ihm heruntergeladenen Dateien schon durch seinen Download anderen Nutzern zur Verfügung stelle, existiere nicht. Der Name des Eingangsordners "incoming" spreche jedenfalls dagegen und lasse nicht ohne weiteres vermuten, dass hier auch Ausgangsdateien gespeichert werden.

Das Landgericht Oldenburg wird sich nun erneut mit der Sache beschäftigen müssen. Auf die Revision des Angeklagten hoben die Richter des OLG die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwiesen die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück an das Landgericht. (Joerg Heidrich) / (hob)