Breitbandausbau: Telekom und Vodafone zanken sich um Fördermillionen

Allein Bayern will für flächendeckende schnelle Internetzugänge 1,5 Milliarden Euro locker machen, der Bund Gewinne aus einer neuen Frequenzauktion. Um die Mittel streiten sich die Platzhirsche im Telekommunikationsmarkt heftig.

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Dicke Luft zwischen Branchenvertretern herrschte am Mittwoch in einer Diskussionsrunde über den "intelligenten" Aufbau digitaler Infrastrukturen in der bayerischen Landesvertretung in Berlin. Der Chef von Vodafone Deutschland, Jens Schulte-Bockum, beschwor angesichts neuer angekündigter staatlicher Fördertöpfe für den flächendeckenden Breitbandausbau "die Gefahr von Mitnahmeeffekten von Subventionen" in Gegenden, wo der von ihm geführte Konzern beziehungsweise der im Herbst übernommene Anbieter Kabel Deutschland schon aktiv seien. Er warnte davor, dass dort "der große Mähdrescher Telekom über die Weide" fahren könne.

In Bayern könnten 70 Prozent der Haushalte schon "Highspeed"-Internet mit bis zu 100 MBits/s von Kabel Deutschland beziehen, erläuterte Schulte-Bockum. Da könne es dort nicht im Sinne des Erfinders staatlicher Zuschüsse sein, "dass nochmal eine zweite Infrastruktur drüber gelegt wird".

Manuel Cubero

Da kaufe jemand einen Kabelbetreiber "und träumt von Monopolen", schoss der Cheflobbyist der Deutschen Telekom, Wolfgang Kopf, zurück. Bestehende Netze aufzurüsten, wie es Kabel Deutschland plant, habe nichts mit dem von den Bonnern geplanten VDSL-Ausbau zu tun: "Da buddeln wir neue Kabel ein, investieren ganz massiv in neue Netzteile", erklärte Kopf. Um damit eine Abdeckung von 85 Prozent zu erreichen, habe die Telekom einige Milliarden bereit gestellt. Bei den restlichen, weniger oder nicht rentablen 15 Prozent sei es nötig, über Fördermittel zu reden.

Bundesweit wollen die Bonner bis Ende nächsten Jahres mit dem DSL-Turbo Vectoring ohne staatliche Gelder rund 70 Prozent der Haushalte erreichen und dabei den Nutzern Kopf zufolge "sehr häufig 100 MBit/s" zur Verfügung stellen. "Das sehen wir als Bedarf für die nächsten fünf bis zehn Jahre."

Albert Füracker

Kabel Deutschland treibe seinen "Ausbau plus" für "superhohe Geschwindigkeiten" von bis zu 800 MBit/s ebenfalls "per Tiefbau" voran, entgegnete dessen Chef, Manuel Cubero. Er begrüßte ausdrücklich "das europaweit einzigartige Engagement Bayerns", Versorgungslücken zu schließen, das sich der Freistaat 1,5 Milliarden Euro in den kommenden Jahren kosten lassen will. Der Teufel stecke aber im Detail. So dürften die Staatsgelder dort nicht eingesetzt werden, "wo wir schon tätig sind". Es sei unnötig, in Großstädten wie München ein weiteres Netz zu bauen mit Vectoring, pflichtete Cubero dem Chef von M-net, Jens Prautzsch, bei.

"Wir machen ein tolles Angebot an alle Unternehmen", versuchte der bayerische Staatssekretär für Landesentwicklung, Albert Füracker, die Gemüter zu beruhigen. "Wenn innerhalb eines Jahres jemand verbindlich ausbauen will, fördern wir dort nicht." Er freue sich über jeden Handgriff der Telekommunikationsfirmen in Richtung Breitband für alle. Der CSU-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass die EU-Kommission dem Fördervorhaben noch vor dem Sommer ihren Segen gebe.

Alexander Dobrindt

In der von Staat und Wirtschaft geschlossenen Netzallianz für den flächendeckenden Breitbandausbau mit mindestens 50 MBit/s bis 2018 gehe es zivilisierter zu als zwischen den Kontrahenten auf dem öffentlichen Podium, versicherte Dorothee Bär (CSU), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Wie beim Kindergeld könne die öffentliche Hand nicht jeden Mitnahmeeffekt verhindern; dieser sollte aber so gering wie möglich ausfallen.

Bundesdatenautobahnminister Alexander Dobrindt unterstrich, dass die Netzallianz mit Hochdruck daran arbeite, Investitionshemmnisse abzuschaffen. Für die beteiligten Unternehmen solle sich das Mitziehen "am Schluss auch rechnen". Er wolle die geplante Auktion des 700-MHz-Bandes aus der sogenannten zweiten Digitalen Dividende schnellstmöglich in die Wege leiten und die Frequenzen schon Anfang nächsten Jahres ausschreiben. Die Gewinner würden dann verpflichtet, mit dem erhaltenen Spektrum auch den Internetausbau im ländlichen Raum voranzutreiben.

Dobrindt freute sich, dass er inzwischen eine Vereinbarung mit dem Bundesfinanzministerium erreichen konnte, wonach die Erlöse aus der Versteigerung "zum wesentlichen Teil" wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeschossen werden sollen. Bei all diesen netztechnischen Fragen dürfe aber nicht vergessen werden, dass Deutschland auch die Köpfe haben müsse, um die Leitungen mit Inhalten und Innovationen bestücken zu können.

Einig waren sich die Kampfhähne von Telekom und Vodafone in ihrem Plädoyer gegen die Regulierungspolitik der EU-Kommission. Sie sei noch immer der irrigen Ansicht, dass es bei den nicht rosig dastehenden Telcos etwas umzuverteilen gebe in Richtung Verbraucher, hieß es von beiden Seiten. Europa müsse aus diesem "Kleinklein" heraus und "klare Präferenzen für den Infrastrukturausbau" setzen. (anw)