Eines der klimafeindlichsten Autos überhaupt

Alle finden den neuen Brennstoffzellen-Toyota toll. Warum nur?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 42 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Alle finden den neuen Brennstoffzellen-Toyota toll. Warum nur?

Toyota bringt nun ein Serienauto mit Brennstoffzelle auf den Markt, und alle finden es toll. Keine leeren Akkus mehr! Nur noch Wasserdampf aus dem Auspuff! Toyota zeigt‘s der Branche mal wieder! Endlich mal ein Konzern, der sich was traut!

Nur das nötige Tankstellennetz, wird da noch geflissentlich eingeflochten, das müsse man halt noch aufbauen.

Nein. Muss man nicht. Das Brennstoffzellenauto ist eine Sackgasse, die man nicht erst zu Ende gehen muss, um sie als solche zu erkennen. Die zentrale Frage ist so trivial, dass ich sie kaum mehr aufschreiben mag: Woher soll der Wasserstoff kommen? Derzeit wird er meist aus fossilem Erdgas hergestellt, was natürlich vollkommen gaga ist, denn das könnte man auch direkt tanken. Und die Elektrolyse ist auch nicht viel besser: Bei der Umwandlung von Strom zu Wasserstoff zu Strom geht die Hälfte bis zwei Drittel der Energie verloren. Der Toyota FCV soll laut Hersteller mit 6 Kilogramm Wasserstoff 500 Kilometer weit kommen. Das entspricht etwa 67 Kubikmetern. Für die Herstellung eines Kubikmeters per Elektrolyse müssen laut Wikipedia 4,3 bis 4,9 Kilowattstunden Strom aufgebracht werden. Macht rund 60 kWh pro hundert Kilometer, zuzüglich etwa zwölf Prozent zum Komprimieren, insgesamt also ungefähr 67 kWh/100 km. Mit dem durchschnittlichen deutschen Strommix (2012: 576 g CO2/kWh) entspricht das knapp 400 Gramm CO2/km. Mit anderen Worten: Toyota ist es gelungen, eines der klimafeindlichsten Autos überhaupt zu bauen.

Selbst wenn der Wasserstoff-Antrieb durch technische Fortschritte irgendwann effizienter werden sollte: An den Wirkungsgrad eines batterie-elektrischen Wagens wird er nie heranreichen, denn dort landet der Strom praktisch eins zu eins am Motor (abzüglich ein wenig Verlust bei den Akkus und der Leistungselektronik). Ein vergleichbares Akku-Auto kommt mit 15 bis 20 kWh/100 km aus, also weniger als einem Drittel.

Macht nichts, beschwichtigen die Fuelcell-Cheerleader, wir nehmen natürlich Ökostrom. Doch selbst dann muss man sich fragen: Wären diese Kilowattstunden Strom nicht anderswo besser angelegt – beispielsweise, um Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen? Dass Strom CO2-frei erzeugt wurde, entschuldigt nicht seine Verschwendung.

Alles kein Problem, kontert die Wasserstofffraktion, es müssen ja ohnehin regelmäßig Windräder abgeschaltet werden, weil ihr Strom keine Abnehmer findet. Bei diesem geschenkten Ökostrom sei es immer noch besser, ihn mit schlechtem Wirkungsgrad zu nutzen als gar nicht. Mag ja sein. Doch um wieviel handelt es sich dabei? Laut Bundesregierung mussten 2013 rund 385 Gigawattstunden Ökostrom verworfen werden. Klingt erst mal viel, sind aber nur 0,33 Prozent der gesamten Stromproduktion der Erneuerbaren.

Rechnen wir mal nach: Mit 385 GWh, dem gesamten Stromüberschuss von 2013, ließen sich Wasserstoff für rund 575 Millionen Kilometer herstellen. Das reicht – bei einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern – für gerade einmal 38.000 Autos. Zum Vergleich: In Deutschland sind derzeit mehr als 50 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen.

Nun argumentieren die Hydrogenfreunde gerne, dass der Stromüberschuss künftig deutlich größer sein wird. Doch der ist Folge eines schlechten Strommarktdesigns und keineswegs gottgegeben. Statt den Überschuss zu verprassen, könnte man ihn auch vermeiden – etwa durch Netzausbau, flexible Gaskraftwerke, Warmwassererzeugung oder intelligentes Lastmanagement. Klar, das kostet Geld und Mühe, aber bestimmt nicht mehr als der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur.

Überhaupt, diese ominöse Wasserstoff-Infrastruktur. 1999 ging in Deutschland die erste öffentlich zugängliche Wasserstofftankstelle in Betrieb. Wieviel, glauben Sie, gibt es heute, anderthalb Jahrzehnte später? Gerade einmal 14. Woher nehmen die Wasserstofffreunde eigentlich die Hoffnung, bei solchen Zuwachsraten irgendwann mal auf ein flächendeckendes Netz zu kommen? Wenn ich mir anschaue, wie schwer sich die Branche schon mit Elektro-Ladestationen tut – dabei sind die noch deutlich einfacher und preiswerter zu errichten als Wasserstofftankstellen. Selbst die Zahl der Erdgastanken stagniert seit Jahren bei etwa 900.

Und wozu das Ganze? Um ein angebliches Reichweitenproblem zu lösen. Dabei hat die Elektromobilität gar kein Problem mit der Reichweite. Ich kann elektrisch in unter sechs Stunden die mehr als 700 Kilometer von Hamburg nach München zurücklegen. Nennt sich Eisenbahn. Versuchen Sie das mal mit einem Auto, egal welchen Antriebs.

Das ganze Bohei um die Brennstoffzelle hat seine Ursache in dem Irrglauben, Elektroautos müssten die fossilen „Rennreiselimousinen“ möglichst eins zu eins ersetzen. Dabei sind Züge oder Fernbusse auf der Langstrecke heute schon kaum zu schlagen, und Batterie-Autos haben ihre Domäne in der Stadt und beim Berufspendeln. Und bei allen anderen Fälle sollen die Menschen halt weiterhin Verbrenner fahren. Weniger effizient als Brennstoffzellen sind die auch nicht. (grh)