LOT Network: Gemeinsam gegen Patent-Trolle

Licensed On Transfer - mit diesem juristischen Kniff soll die Patenttrollplage an der Wurzel bekämpft werden. Angesetzt wird schon beim Verkauf der Monopolrechte an die nachmaligen Trolle.

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Inhaltsverzeichnis

Im neuen LOT Network schließen sich Unternehmen zusammen, um sich gemeinsam gegen die Plage der Patenttrolle zu wappnen. Patenttrolle sind Unternehmen, die Patente und ähnliche Monopolrechte aggressiv durchzusetzen suchen, ohne selbst nennenswert Produkte oder Dienstleistungen anzubieten. Ihre Haupteinnahmequelle sind Lizenzgebühren.

Dagegen wehrt sich das LOT Network: Die überwiegende Zahl der Troll-Patente wurde ursprünglich von operativen Unternehmen erworben und dann an einen Troll verkauft. In solchen Fällen wirkt das LOT Network wie eine Impfung gegen die Trolle.

1965 erhielt das Ehepaar Blonsky ein US-Patent für eine Geburtszentrifuge. Sie sollte Niederkünfte erleichtern. Mit bis zu 7g.

(Bild: US-Patent 3216423)

Jedes LOT-Mitglied erteilt jedem anderen LOT-Mitglied eine inaktive Lizenz für alle seine Patente, Erfinderzertifikate, Gebrauchsmuster und vergleichbare Rechte (inklusive Geschmacksmuster und Softwarepatente) – egal in welchem Teil der Welt sie erteilt wurden. Die inaktiven Lizenzen sind zunächst unnütz. Erst bei bestimmten Ereignisse werden sie aktiviert und damit zu nützlichen Lizenzen. In erster Linie ist das die Übertragung eines Patents an jemanden, der kein LOT-Mitglied ist. Das erklärt auch das Akronym LOT: License On Transfer.

Wird ein Monopolrecht an einen Dritten verkauft, erhalten alle LOT-Mitglieder sofort und ohne weitere Formalitäten oder Zahlungen das Recht, dieses bestimmte Monopolrecht selbst auszunutzen. Das feit sie vor einer Klage des neuen Rechteinhabers. Er kann aber weiterhin versuchen, das erworbene Recht gegen jene durchzusetzen, die nicht LOT-Mitglied sind.

Aber das schafft einen Anreiz, möglichst flott Mitglied in dem Netzwerk zu werden. Der nur 26 Seiten lange Mitgliedsvertrag erhält auch Regelungen für den Fall einer Übernahme, eines Spin-Offs, eines Bankrotts, eines Austritts und so weiter. Nicht vom LOT-Vertragswerk erfasst sind Marken- und Urheberrechte sowie Geschäftsgeheimnisse. Die jährlichen Mitgliedsgebühren sind sehr moderat. Sie betragen 1.500 bis maximal 20.000 US-Dollar (rund 14.700 Euro), je nach Umsatz des Mitglieds.

Das am Mittwoch vorgestellte Netzwerk umfasst derzeit sieben Unternehmen: Canon, Dropbox, Google, SAP, Asana (Zusammenarbeitslösung), Newegg (Elektronikhändler), und Pure Storage. Die vier Erstgenannten haben sich schon vergangenes Jahr im Stillen geeinigt und in der Zwischenzeit die drei weiteren Mitglieder geworben. Das LOT Network steht Unternehmen aller Größen aus allen Branchen offen.

Denn den Trollen ist die Branchenzuordnung egal. Sie versuchen auch branchenfremde Patente auf Grundlage neuer Interpretationen durchzusetzen. 62 Prozent aller Patentklagen in den USA gingen 2012 laut einem Bericht des Weißen Hauses auf das Konto dieser Trolle. Dazu kommen Klagedrohungen gegen mehr als 100.000 Unternehmen. Und immer öfter geraten auch Endkunden ins Visier.

Der LOT-Vertrag fußt auf dem Recht des US-Bundesstaates New York und enthält auch eine Art Beruhigungsmittel: Sollte ein LOT-Mitglied wegen Patentverletzung gegen jemanden vorgehen, dem ein Patent eines LOT-Mitglieds übertragen wurde, kann der Beklagte jene Lizenz für ungültig erklären, die bei der Übertragung des Patents aktiviert wurde. Dieses Patent kann dann Munition für eine Gegenklage sein.

Beispiel: LOT-Mitglied A verkauft sein Patent Nummer 1 an die Firma X, die kein Mitglied ist. Damit erhält das LOT-Mitglied B automatisch eine Lizenz für das Patent 1. Später klagt B die Firma X wegen Verletzung eines von B gehaltenen Patents (Patent Nummer 2). Dann kann X die an B ergangene Lizenz für das Patent Nummer 1 widerrufen. Sollte B dieses Patent genutzt haben, kann X nun in einer Gegenklage die Verletzung des Patents Numero 1 rügen. Je mehr Lizenzen ein Mitglied erhalten hat, desto riskanter wird es also, selbst Patentklagen anzustrengen. (ds)