Anti-Terror-Datei: Bundesdatenschützerin stellt sich gegen die Regierung

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff hat sich entschieden gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der Anti-Terror-Datei ausgesprochen. Dieser berge "erhebliche verfassungsrechtliche Risiken".

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Andrea Voßhoff hält nichts von den Versuchen der Bundesregierung, die Anti-Terror-Datei zu reformieren: Sie formuliert verfassungsrechtliche Bedenken.

(Bild: Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit)

Der umstrittene Vorstoß der Bundesregierung zum Anpassen der Anti-Terror-Datei (ATD) an grundgesetzliche Bestimmungen stößt bei der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff auf gewaltige Bedenken. Der Gesetzentwurf setze die klaren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts "nicht (hinreichend) um", schreibt die der CDU angehörende Rechtsexpertin in einem heise online vorliegenden Brief an Innenpolitiker des Bundestags. Die Initiative gehe an mehreren Punkten deutlich zu weit.

Voßhoff kritisiert etwa, dass das Vorhaben nicht auf einer unabhängigen Evaluation der bisherigen Rechtsgrundlage für die umfangreiche Datenbank beruhe. Es basiere "lediglich auf Nutzerbefragungen und statistischen Datenauswertungen" und beinhalte keine "Betrachtung und Bewertung von Einzelfällen". Die grundrechtlichen Folgen der Eingriffsmaßnahmen seien dagegen nicht untersucht worden. Die Tatsache, dass zugangsberechtigte Mitarbeiter von Polizeien und Geheimdienste die ATD als "sinnvoll" erachteten, begründe "nicht notwendigerweise eine Erforderlichkeit der Norm im Rechtssinne".

Die Datenschutzbeauftragte moniert weiter, dass der erfasste Personenkreis vor allem mit dem Speichern von Kontaktpersonen nicht hinreichend eingegrenzt werde. Sie stemmt sich zudem gemeinsam mit dem Bundesrat gegen das Ansinnen, eine Vorschrift zur "erweiterten Datennutzung" zum Aufklären internationaler terroristischer Bestrebungen sowie zum Verfolgen oder Verhüten entsprechender Straftaten einzuführen und so die "Analysefähigkeiten" der Datei auszudehnen. Eine solche strukturelle Änderung sei nicht gerechtfertigt und angesichts des fehlenden Zeitdrucks auch "nicht nachvollziehbar".

Ferner erinnert die Juristin die Bundesregierung und besonders den federführenden Innenminister Thomas de Maizière (CDU) daran, dass Karlsruhe eine "wirksame Kontrolle" der Anwendung der ATD durch die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder als "rechtsstaatliches Korrektiv für die weitgehend fehlende Transparenz der Verarbeitung" personenbezogenen Informationen in dem System angemahnt habe. In diesem Bereich "faktisch bestehende kontrollfreie Räume" müssten noch geschlossen werden.

Mit der Stellungnahme setzt sich Voßhoff erstmals äußerst kritisch zumindest hinter den Kulissen mit einem aktuellen Gesetzesplan des Bundeskabinetts auseinander. Oppositionspolitiker hatten bei ihrer Wahl im Dezember Zweifel an der Eignung und Unabhängigkeit der früheren CDU-Bundestagsabgeordneten geäußert, die sich als Parlamentariern für die Vorratsdatenspeicherung, heimliche Online-Durchsuchungen und Websperren ausgesprochen hatte.

Die grüne Sprecherin für innere Sicherheit, Irene Mihalic, hat die Regierung derweil aufgefordert, den missglückten Entwurf zurückzuziehen und eine "grundrechtsfestes" Papier vorzulegen. Der derzeitige Anlauf komme einem "Affront gegenüber dem Bundesverfassungsgericht" gleich. (jk)