Pixelsezierer: Algorithmus jagt Fälscher

Fast jeder Täter hinterlässt Spuren am Tatort: Kriminalisten suchen nach Haaren, Hautpartikeln und Fingerabdrücken, der Bildforensiker nach verdächtigem Rauschen, Pixelverdoppelungen sowie inkonsistenten Lichtverhältnissen.

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Prinzessin Diana und Dodi al Fayed auf einer Yacht, kurz vor dem Kuss: "Das Bild, das alle wollten", jubelte "The Mirror". "Das Bild, das keiner will", hätte besser gepasst, denn: Im Originalfoto blickt Fayed wenig paparazzofreundlich in die Ferne, wirkt fast desinteressiert. Drum wurde ihm der Kopf kurzerhand digital zurechtgerückt.

Wie man solche Vergehen am digitalen Abbild von Personen, Szenen und Landschaften aufdeckt, erforscht das noch junge Feld der digitalen Bildforensik. Weltweit haben sich Hany Farid, Leiter der Image Science Group am Dartmouth College, und sein Team mit der algorithmischen Spurensuche einen Namen gemacht, die deutsche Repräsentanz der recht überschaubaren Forschergemeinde stellen Matthias Kirchner und Thomas Gloe vom Institut für Systemarchitektur, Datenschutz und Datensicherheit der Universität Dresden.

"The Mirror" erledigte, was Diana zumindest in diesem Moment nicht gelang. Er verdrehte Dodi al Fayed den Kopf, sodass eine Beinahe-Kuss-Szene entstand: "Das Foto, das alle wollten", zu sehen in der Wanderausstellung "Bilder, die Lügen"

Bildforensiker entwickeln mathematische Verfahren, die Fälschungen automatisch erkennen sollen. Eine marktreife Forensik-Engine könnte – etwa in einer Agentur – sämtliche eingehenden Bilder analysieren und manipulierte Dateien gleich aussortieren oder zumindest als verdächtig melden.

Ähnlich wie das menschliche Auge inkonsistente Beleuchtung oder Schatten intuitiv nicht wahrhaben will, suchen auch einige der Algorithmen nach einschlägigen Bearbeitungs- und Montageindizien: etwa nach duplizierten Bereichen, die auf das Verdecken unerwünschter Objekte hinweisen, Interpolationsmustern, die beim Skalieren von Bildteilen entstehen, oder Beleuchtungsunterschieden innerhalb einer Szene. Zudem haben sich die Forscher einiges ausgedacht, um bearbeitete und Original-Digitalkamerafotos unterscheiden zu können. Unter anderem sollen unrealistische Störungsmuster, doppelte JPEG-Kompression sowie (lokal) zerstörte Farbsäume Hinweise liefern, ob das Foto nach der Aufnahme verändert wurde.