Belichtungshelfer: Histogramme richtig anwenden

Neben der Belichtungsmessanzeige ist das Histogramm gleich nach erfolgter Aufnahme oder sogar schon in der Live-Vorschau das wichtigste Instrument, um Digitalfotos optimal zu belichten – und bei der Bearbeitung am PC ist es fast unverzichtbar.

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Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Johannes Leckebusch
Inhaltsverzeichnis

Grafik Luxskala: Helligkeitsbereich in Lux von Sternenhimmel bis Sonnenschein. Lichtwertbereich einer Kamera (ca. 9 bis 10 EV) zum Vergleich als Balken eingeblendet (bei Belichtung auf mittleres Tageslicht).

Die Themen der beiden ersten Kapitel – Wechselspiel: Zeit und Blende sowie Von Brennweiten und Formaten – betrafen ausschließlich die Aufnahmetechnik, an den entsprechenden Einflüssen auf das Foto läßt sich im Nachhinein nichts Grundsätzliches mehr ändern. Auch wenn man durch selektives Schärfen oder das Wegrechnen von Bewegungsunschärfe noch ein wenig daran manipulieren kann, von Montagen aus mehreren Fotos einmal abgesehen. Das Grundwissen über die korrekte Belichtung können Sie – zumindest teilweise – letztendlich auch beim Umgang mit voll- oder halbautomatischen Belichtungsprogrammen nutzen.

Das Histogramm ist eine Art grafische Statistik der Helligkeitsverteilung in einem Foto. Viele Digitalkameras bieten eine zuschaltbare Histogramm-Anzeige – besonders sinnvoll ist diese in der Live-Vorschau mit simulierter Belichtung: Hier schlagen (manuelle) Änderungen von Zeit und Blende auch gleich auf die angezeigte Verteilung durch. Wenn Ihre Kamera kein Live-Histogramm anbietet, kann das Diagramm immerhin noch zur Beurteilung eines gerade geschossenen Fotos dienen.

Die Histogramme eines Bildbearbeitungsprogramms sind oft luxuriöser gestaltet als die auf dem Kamera-Display.

Dargestellt findet man mehr oder weniger ausgeprägte "Gebirge", wobei die Höhe der Gipfellinie den flächenmäßigen Anteil (die Anzahl der Pixel) einer bestimmten Helligkeitsstufe im Bild darstellt. Am linken Rand des Diagramms sind die Schatten oder dunklen Töne, in der Mitte die Grauwerte (auch "Mitten" genannt), und rechts die hellen Bereiche oder "Lichter" wiedergegeben. Ein Histogramm kann wahlweise die "Luminanz" (Helligkeit) anzeigen (links eingeblendet), oder (rechts im Bild) die einzelnen Farbkanäle überlagert beziehungsweise einzeln, aufgespalten in die Kanäle R(ot), G(rün) und B(lau).

Das menschliche Auge bewältigt extrem unterschiedliche Lichtsituationen (siehe Grafik am Anfang), ohne dass wir beim Schauen darüber nachdenken müssen, wie stark die Beleuchtung ist, wie hoch die Kontraste, und ob wir jetzt lieber mit den "Zapfen" in der Netzhaut Farben sehen oder mit den "Stäbchen" nur noch Grauwerte – gemäß der Weißheit: "Nachts sind alle Katzen grau". Neben Anpassungsprozessen in der Netzhaut (die beim Einstellen auf das Nachtsehen 20 bis 40 Minuten dauern können), die ähnlich wirken wie die Empfindlichkeitseinstellung an einer Digitalkamera, hat das Auge noch eine Pupille, die wie eine Blende funktioniert: Bei hellem Licht wird sie klein wie ein Stecknadelkopf (1,5 mm), im Dunkeln größer als eine Erbse (8 mm).

Das Histogramm ist ein Diagramm zur Darstellung von Häufigkeitsverteilungen, es stellt links die "Schatten" (dunkle Bereiche), in der Mitte die mittleren Grau- oder Farbwerte ("Mitten") und rechts die "Lichter" dar.

Heute beherrschen die Belichtungsautomatiken in Digitalkameras alle diese Situationen – innerhalb ihrer technischen Grenzen – meistens ganz gut, gelegentlich nur mittelmäßig und in manchen Fällen immer noch ganz schlecht. Dazu verstellen sie Zeit, Blende und Empfindlichkeit, bis eine "passende" Kombination gefunden ist. Dabei kann man nach folgenden Prämissen vorgehen: Die Zeit kurz genug, um nicht zu verwackeln, die Empfindlichkeit höchstens mittel, um Rauschen zu vermeiden, und die Blende ... das ist eigentlich eine gestalterische Frage. Da sich knipsende Laien meist nicht für die Bildgestaltung via Schärfentiefe interessieren, wird die Blende auch möglichst "klein" gewählt (also eine große Blendenzahl). Als fortgeschrittene Amateure suchen wir unter den Wertepaaren von Belichtungszeit (Bewegungsunschärfe vermeiden oder gezielt herbeiführen, siehe Wechselspiel: Zeit und Blende) und Blende (möglichst viel Schärfentiefe oder möglichst gute Freistellung vom Hintergrund, siehe Von Brennweiten und Formaten) eine Kombination, die zur idealen "Durchzeichnung" von Lichtern und Schatten führt und gleichzeit die gewünschte Bildgestaltung ergibt. Diese Arbeit kann einem die Kamera auch abnehmen, indem man entweder im Modus "P" die automatisch bestimmte Zeit/Blendenkombination durch Drehen an einem Rädchen gegenläufig verändert (wobei die resultierende Belichtung konstant bleibt), oder aber Zeitvorwahl (Tv bei Canon, oder S für Shutter) oder Blendenvorwahl (Av bei Canon, A bei anderen) benutzt. Hier wählt der Fotograf die gewünschte Blende und die Kamera ermittelt die passende Belichtungszeit, oder umgekehrt wählt der Mensch die Zeit und die Kamera bestimmt eine passende Blende. Allerdings landet man damit wieder bei der automatischen Belichtungsbestimmung mit all ihren Tücken und Umständlichkeiten in der Korrektur.