Landesvertreter: Breitbandausbau hat die gleiche Bedeutung wie die Energiewende

Rainer Helle, Beauftragter für die Breitbandstrategie Schleswig-Holsteins, hat das Streichen von Fördergeldern für den Netzausbau durch den Bund scharf kritisiert. Überhaupt moniert die Wirtschaft, dass der Ball nur hin- und hergespielt werde.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 102 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von

Als "nationale Aufgabe" mit einer gleich hohen Bedeutung wie die Energiewende hat Rainer Helle vom Wirtschaftsministerium Schleswig-Holstein den Breitbandausbau bezeichnet. Der Landesvertreter
forderte daher auf einer Konferenz der deutschen Breitbandinitiative am Freitag in Berlin mehr Geld vom Bund für die Förderung der Netzinfrastrukturen. Die zunächst von der großen Koalition vorgesehene eine Milliarde Euro pro Jahr für diesen Zweck "hätte man auch woanders einsparen können".

Generell wünscht sich Helle eine engere Kooperation zwischen Bund und Ländern beim Breitbandausbau. Derzeit werde viel diktiert von Berlin, monierte der Kieler Abgesandte. "Wir dürfen das dann umsetzen und ausbaden." Die geplante Auktion des 700-MHz-Funkbandes aus der zweiten digitalen Dividende, die beim Schließen weißer Flecken bei der Breitbandversorgung per Mobilfunk-Internet helfen soll, bezeichnete er als "historische Chance". Auch hier fehle aber eine klare Festlegung vom Bund, wie die Erlöse der Auktion verteilt werden sollten.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hatte zuvor versprochen, dass die Einnahmen als Investitionsanreiz "zum wesentlichen Teil" wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeschossen werden. Die Bundesnetzagentur, die die Frequenzversteigerung durchführt, wartet aber noch auf grünes Licht aus Berlin. Solange die Zuweisung des begehrten 700-MHz-Bereichs noch nicht in der einschlägigen Verordnung stehe, "können wir nicht anfangen", erklärte Alexander Kühn von der Regulierungsbehörde. Auch international sei das Vorgehen bislang nicht ganz abgestimmt; zumindest die anderen EU-Mitgliedsstaaten müssten sich zu dem Umgang mit dem Spektrum noch positionieren.

Vertreter von Politik und Industrie monieren, dass die von Staat und Wirtschaft geschlossene Netzallianz kaum vorankomme: Walter Haas, Huawei, Hermann Rodler, Nokia Networks, Alexander Kühn, Bundesnetzagentur, Rainer Helle, Wirtschaftsministerium Schleswig-Holstein, Karl-Heinz Laudan, Deutsche Telekom und Wilhelm Dresselhaus, Alcatel-Lucent.

Die Politik müsse der 700-MHz-Vergabe möglichst schnell zustimmen, betonte Karl-Heinz Laudan von der Deutschen Telekom. Sonst könne die Netzagentur Mitte Oktober nicht mit ihrer Auktionsvorlage kommen und es werde nichts mit der Lizenzvergabe im kommenden Jahr. Das "technologische Ökosystem" zum Nutzen der Frequenzen für die nächste, also fünfte Mobilfunkgeneration (5G) sei jedenfalls bereits definiert, das zugehörige Pflichtenheft geschrieben. Die Wirtschaft werde also fertig sein, "wenn der Regulierer soweit ist".

Das 700-MHz-Band sei gerade für die viel beschworene Industrie 4.0 sehr wichtig, unterstrich Hermann Rodler von Nokia Networks. Es habe den Vorteil, dass es weltweit größtenteils einheitlich geregelt sei und so
"große Skaliereffekte" für Anbieter und Nutzer verspreche. Erste Länder in Asien führten die kommerzielle Nutzung dieser Frequenzen gerade ein, sodass Europa und Berlin jetzt auch "schnell die Rahmenbedingungen setzen" müssten. Ferner appellierte Rodler an die anderen Bundesländer, dem Beispiel Bayerns zu folgen, das 1,5 Milliarden Euro für den Breitbandausbau zur Verfügung stellt.

Glasfaser sei die Zieltechnologie, da war Wilhelm Dresselhaus von Alcatel-Lucent Deutschland mit Helle und der schleswig-holsteinischen Breitbandstrategie 2030 einig. Nur fehle es derzeit häufig am nötigen Geld "fürs
Buddeln und Graben", weshalb auch der Mobilfunk und Vectoring zum Aufrüsten der Kupferkabel ihre Rolle spielen müssten. Beim DSL-Turbo bleibe die Entwicklung auch nicht bei 100 MBit/s stehen, sondern gehe in Richtung Gigabit.

Kaum voran komme die von Staat und Wirtschaft geschlossene Netzallianz beim Vorantreiben alternativer Verlegetechniken, monierte Dresselhaus. Es sei vorgesehen gewesen, dass bestehende Rohre und Leitungen mitgenutzt werden und Methoden wie Micro-Trenching ein ständig neues Aufgraben
von Straßen per Tiefbau verhindern sollten. Doch der Ball werde in diesen Fragen "immer nur hin- und hergespielt". Das Verkehrsministerium müsse hier als zentrale Koordinierungsinstanz die Initiative ergreifen. (dz)