Demokratiedemos in Hongkong: China blockt Instagram

Fotos von Demokratiekundgebungen und Polizeigewalt in Hongkong sind in China unerwünscht. Deshalb wird erstmals ganz Instagram blockiert.

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Der Zugriff auf Instagram ist in der Volksrepublik China seit Sonntag offenbar nicht mehr möglich. Dies zeigen die Seiten greaterfire.org und blockedinchina.net an. Ein Zusammenhang zwischen der Zensur und den Demokratiekundgebungen in Hongkong sowie der dort ausgeübten Polizeigewalt drängt sich auf. Denn auf Instagram wurden einschlägige Bilder mit den Hashtags #OccupyHK und #OccupyCentral veröffentlicht. In Hongkong selbst kann Instagram nach wie vor genutzt werden.

Am 28. September (rot) ist erstmals ganz Instagram blockiert.

(Bild: Screenshot von greatfire.org)

Die Internetzensur der Volksrepublik ist laufender Veränderung unterzogen. Die Maßnahmen reichen von der Unterdrückung bestimmter Begriffe bis zur Blockade gesamter Domains. Was genau unterdrückt wird kann sich stündlich ändern. Verschiedene Nachrichtenseiten sowie Dienste wie Facebook, Twitter, Xing und Google+ sind aber permanent unerreichbar. Flickr kam im Juli dazu, und nun hat es auch die Facebook-Tochter Instagram erwischt.

Linkedin zensiert kritische Postings selbst und kommt so dem staatlichen Zensor zuvor. Myspace ist ebenfalls verfügbar. Die Aktivisten von Greatfire.org kritisieren in dem Kontext auch das Wall Street Journal und Reuters: Auf deren in chinesischer Schrift abgefassten Webseiten wurde lange gar nicht über die Proteste in Hongkong berichtet. Auch Microsoft bekommt sein Fett ab, weil es die in China angezeigten Suchergebnisse nach politischen Kriterien filtert.

Diese Proteste richten sich insbesondere gegen die Rücknahme des Allgemeinen Wahlrechts. 2007 hatte der Chinesische Volkskongress beschlossen, ab 2017 in Hongkong Wahlen mit Allgemeinem Wahlrecht durchzuführen. Auch das Hongkonger Grundgesetz sieht Allgemeine Wahlen vor. Nun aber will die Volksrepublik einen Rückzieher machen: Es sollen sich nur Kandidaten zur Wahl stellen dürfen, die treu zur Zentralregierung in Peking stehen. Um das zu garantieren sollen alle Kandidaten von einem Peking-treuen Komitee ausgesucht werden.

Der Hongkonger Rechtswissenschaftler Benny Tai Yui-ting will sich damit nicht abfinden. Er initiierte die Bürgerbewegung "Occupy Central with Love and Peace" (OCLP). Sie will gewaltfrei mit zivilem Ungehorsam auf die Entwicklung aufmerksam machen und Druck ausüben. Die Polizei reagierte mit Gewalt und Tränengas, soll sich gegenwärtig aber wieder zurückgezogen haben.

Künstlerische Unterstützung für die Demokratiebewegung: Über Twitter wurde diese Variation der Fahne Hongkongs verbreitet.

(Bild: @santacolossus)

Die ehemalige britische Kolonie Hongkong hat einen juristischen Sonderstatus in China. Dies geht auf ein Abkommen zwischen Großbritannien und Hongkong aus dem Jahr 1984 zurück. Großbritannien besaß nur einen kleinen Teil der Kolonie souverän, der überwiegende Teil war gepachtet ("New Territories"). Diese Pacht lief Mitte 1997 aus. In dem Vertrag aus 1984 wurde die Übergabe der gesamten Kolonie an die Volksrepublik zur Jahresmitte 1997 geregelt.

In Artikel 5 des Vertrages heißt es: "Das sozialistische System und seine Politik werden in der Sonderverwaltungszone Hongkong nicht angewandt. Das bisherige kapitalistische System und seine Lebensweise bleiben für weitere 50 Jahre unverändert." Kurz vor der Übergabe an China wurden in Hongkong Reformen für mehr Demokratie und Arbeitnehmerrechte beschlossen. Doch sofort nach der Übergabe machten chinesische Entscheidungsträger diese Reformen rückgängig. Sie schränkten auch das Demonstrationsrecht ein und erließen ein neues Wahlrecht.

Zweieinhalb Jahre nach Großbritannien gab auch Portugal seine Kolonie, Macau, auf. Auch für Macau hatte die Volksrepublik in einem Abkommen einen gewissen Grad an Autonomie für 50 Jahre garantiert. Macau war die erste und auch letzte europäische Kolonie in China. (ds)