Google drückt auf die Tube

Googles neuem Umsatzrekord steht eine gesunkene Marge gegenüber. Der Datenkonzern investiert viel und hat Tausende Entwickler eingestellt. Erstmals kommen mehr als zehn Prozent des Umsatzes nicht aus Reklame.

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16,52 Milliarden US-Dollar hat Google im dritten Quartal umgesetzt. Das sind 20 Prozent mehr als vor einem Jahr. Den noch nicht veröffentlichten Umsatzwert der Tochter Motorola Mobile hinzu addiert, ist es wieder einmal der höchste Quartalsumsatz der Firmengeschichte. Der Reingewinn ist hingegen von 2,97 Milliarden auf 2,81 Milliarden zurückgegangen.

Googles Finanzchef Patrick Pichette ist "very happy" mit dem Geschäftsverlauf.

(Bild: Google )

Anders ausgedrückt sind Googles Kosten stärker gewachsen als der Umsatz. Der nachbörsliche Handel reagierte mit einem Preisabschlag von gut 2 Prozent. Damit haben die stimmberechtigten Google-Aktien in acht Tagen zehn Prozent ihres Wertes eingebüßt. Das Google-Management versucht zu beruhigen: Es werde langfristig und im Voraus investiert.

Datenzentren, Gerätschaft und Immobilien sind die großen Posten unter den Kapitalinvestitionen. Seit etwa eineinhalb Jahren steckt Google hier ordentlich Geld hinein. Es geht dabei um die Cloud. Der Datenkonzern erweitert seine Kapazitäten bewusst, bevor die nächste Welle an Kunden kommt.

Die laufenden Kosten sind in zwei Bereichen stärker angestiegen als der Umsatz: Vertrieb und Marketing legte um gut ein Viertel zu, Forschung und Entwicklung sogar um zirka die Hälfte. Letzteres hatten die Finanzanalysten nicht erwartet. "Ich möchte herausstreichen, dass wir einstellen", sagte Googles Finanzchef Patrick Pichette in einer Telefonkonferenz am Donnerstagabend, "Wir konzentrieren uns auf die technische Seite, auf Entwicklung. Und das verzerrt unsere Ausgaben für Forschung und Entwicklung."

Google hat jetzt mehr Mitarbeiter, als die Republik Marshallinseln Einwohner zählt. Ihr Jahres-BIP entspricht etwa dem Tagesumsatz des Datenkonzerns.

(Bild: gemeinfrei)

"Wir konzentrieren uns auf jene Gebiete, die einen fundamentalen Unterschied für Google machen werden", fügte Pichette hinzu, "das ist eben die Entwicklung." Das Ausmaß ist schwindelerregend. Im dritten Quartal ist das Heer der Googler um 3000 Stellen (Vollzeitäquivalente) angeschwollen. In Summe gibt es bei Google nun mehr als 55.000 Arbeitsplätze, davon etwa 3500 bei Motorola Mobile.

In nur 92 Tagen wurde also fast eine ganze Motorola-Belegschaft angeheuert. Dieses Tempo soll jedoch nicht beibehalten werden. Google hat gezielt junge Uni-Absolventen angesprochen. "Es dauert ein Jahr, sie alle anzuwerben, und dann fallen (die Einstellungen) eben in dieses Quartal", meinte der Finanzchef.

Die neuen Mitarbeiter sollen frische Ideen und neuen Schwung in den Konzern bringen. Zwar ist das Anzeigengeschäft noch höchst profitabel und im Umfeld der eigenen Produkte auch gut in Schuss. Doch die auf fremde Seiten vermittelte Reklame hat weniger Schwung. Dieser Bereich wächst schon lange "nur" einstellig. Hier wirken sich auch Facebooks Erfolge aus.

Googles "sonstige" Umsätze sind im dritten Quartal indes um 50 Prozent nach oben geschnellt. Mit elf Prozent des Konzernumsatzes steuerten die Sonstigen erstmals mehr als ein Zehntel bei. In diesen Bereich fällt alles, was nicht Werbung ist, etwa Hardware und Google Play. Die neuen Angestellten sollen aber nicht nur diesen Bereich weiter ausbauen.

Auch aus dem Reklamegeschäft sollen sie mehr herausquetschen. Google will die Zielpersonen noch intensiver überwachen. Wenn etwa in Folge einer Online-Anzeige ein Anruf bei einer Firma eingeht oder etwas in einem Ladengeschäft gekauft wird, will Google das gerne wissen. Mit solchen Daten können nämlich höhere Werbepreise erzielt werden.

Vor drei Monaten sorgte sich ein Finanzanalyst noch, ob Google die eigenen Gewinne überhaupt sinnvoll reinvestieren kann. Diesmal fragten seine Kollegen eher nach den gestiegenen Kosten. So schnell kann es gehen.

Doch muss man sich um Googles Zukunft nicht sorgen. Auch die geschrumpfte Marge kann sich sehen lassen. Und der Geldspeicher ist mit mehr als 62 Milliarden US-Dollar so gut gefüllt wie nie zuvor. (ds)