Google: Hollywood will Zensurgesetz SOPA technisch wiederbeleben

Google hat der Motion Picture Association of America (MPAA) vorgeworfen, mit einer "geheimen, koordinierten Kampagne" weiter für DNS-Sperren zur Copyright-Durchsetzung zu kämpfen und willige US-Politiker einzuspannen.

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(Bild: dpa, Ole Spata/Symbol)

Lesezeit: 3 Min.

Google hat der US-Filmindustrie mit scharfen Worten Falschspiel im Streit über Blockaden von Webseiten vorgehalten, die illegal urheberrechtlich geschützte Inhalte verbreiten. Der Chefjustiziar des Internetkonzerns, Kent Walker, zeigte sich Ende vergangener Woche in einem Blogeintrag "sehr besorgt" über Medienberichte, denen zufolge die Motion Picture Association of America (MPAA) eine "geheime, koordinierte Kampagne" zum Wiederbeleben des gescheiterten US-Zensurgesetzes Stop Online Piracy Act (SOPA) auf anderen Wegen geführt habe.

Das Online-Magazin The Verge hatte zuvor unter Verweis auf Dokumente aus dem Hack von Sony Pictures gemeldet, dass die MPAA Anfang des Jahres gemeinsam mit sechs Filmstudios nach neuen Wegen gesucht habe, um auch ohne das heftige umstrittene Gesetz DNS-Sperren im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen durchzusetzen. Dabei sei es in einer "Operation Goliath" vor allem darum gegangen, Staatsanwälte der US-Bundesstaaten davon zu überzeugen, entsprechende Blockadeverfügungen gegen Internetprovider zu verhängen und auch Google mit Sperranordnungen zu überziehen.

Wie mittlerweile auch die New York Times berichtet, soll die Lobbyvereinigung der US-Filmindustrie ihre Kanzlei Jenner & Block in Stellung gebracht haben. Zudem sei unter dem Aufhänger "Digital Citizens Alliance" eine sogenannte Bürgerrechtsorganisation mit dem Ziel gegründet worden, insbesondere Google wegen der Beihilfe zu Copyright-Verstößen anzuprangern und für Websperren zu werben. Auch der Generalstaatsanwalt des US-Bundesstaats Mississippi, Jim Hood, sei in die Kampagne einbezogen worden. Ein Anschuldigungsschreiben von ihm an Google habe in den Word-Einstellungen noch eine Rechtsanwältin von Jenner & Block als Verfasserin ausgewiesen.

Google setze seit Längerem vorbildhafte Industriestandards im Umgang mit "problematischen Inhalten", verteidigt Walker den Suchmaschinenprimus. Trotzdem habe Hood mittlerweile eine umfangreiche gerichtliche Vorhaltung mit zahlreichen Auskunftsersuchen zugestellt, die offenbar ebenfalls von der MPAA-Kanzlei lanciert worden sei. Unterredungen zwischen dem Politiker und Juristen der Filmstudio-Vertretung sowie Jenner & Block seien mittlerweile mehrfach in den Medien dokumentiert worden. Insgesamt gehe es der MPAA weiter darum, das Internet zensieren zu wollen.

Das juristische Schreiben Hoods hat Google mittlerweile geprüft und ein Bundesgericht gebeten, es für unzulässig und haltlos zu erklären. Zugleich sollen die anderen Beteiligten an der Initiative aufgefordert werden, alle relevanten Dokumente aufzubewahren. Nach all dem Vorgefallenen sei es leider unvermeidlich, vor ein Gericht zu ziehen.

MPAA-Chef Chris Dodd hatte sich 2012 zunächst von SOPA distanziert und das Gesetzesvorhaben für "tot" erklärt. Damals hatte der frühere US-Senator die Devise ausgegeben, dass die Filmwirtschaft besser bedient sei, wenn sie sich mit der Hightech-Branche und den Gegner einschlägiger Zensurgesetze zusammensetze und Kooperationen voranbringe. Der Hollywood-Vertreter lobte die damals neue Praxis Googles, Seiten mit vielen Beschwerden über Urheberrechtsverletzungen in der Ergebnisanzeige herabzustufen. Gegen SOPA hatten unter anderem zahlreiche Webseitenbetreiber mit einem "Blackout Day" protestiert. (mho)