Philologenverband setzt sich für die Schreibschrift ein

Lehrer beobachten immer mehr Schüler, die Probleme haben, mit der Hand zu schreiben. Der Philologenverband ist alarmiert, schließlich handele es sich bei der Schreibschrift um eine Kulturtechnik.

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Philologenverband setzt sich für die Schreibschrift ein

(Bild: Pleul/dpa)

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Lehrer sehen immer häufiger, dass ihre Kinder Probleme mit der Schreibschrift haben. Das ergab eine Umfrage unter 2000 Lehrern, die Anfang dieses Monats veröffentlicht wurde. Der Vorsitzende des Philologenverbandes Heinz-Peter Meidinger ruft nun dazu auf, dem Niedergang der Handschrift entgegenzusteuern. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte er, das sei eine Kulturtechnik, die nicht aufgegeben werden dürfe.

Es gebe Situationen, in denen Schüler auf ihre Handschriften angewiesen seien, nicht nur dann, wenn der Computer ausfalle. Auch verlangten einige Top-Konzerne bei Bewerbungen einen handschriftlichen Lebenslauf. Es sei falsch, den Grundschülern eine neue Grundschrift beizubringen, meint Meidinger, dessen Verband 90.000 Gymnasiallehrer versammelt. Eine gebundene Handschrift zu erlernen ein elementarer individueller Lernprozess für jedes Kind. Es fördere den Gedankenfluss.

In der Umfrage des Deutschen Lehrerverbands hatten 79 Prozent der Lehrer an weiterführenden Schulen angegeben, ihre Schüler hätten Probleme mit der Handschrift. 83 Prozent der befragten Grundschullehrer hatten angegeben, dass sich die Kompetenzen, die Schüler als Voraussetzung für die Entwicklung der Handschrift mitbringen, in den vergangenen Jahren verschlechtert haben.

Die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Renate Valtin von der Berliner Humboldt-Uni meint im Gegensatz zu Meidinger, eine Handschrift sei zwar unverzichtbar, aber die gebundene Schreibschrift sei nicht nötig. Sie tritt dafür ein, dass Kinder von der Druckschrift oder der Grundschrift ausgehend ihre eigene individuelle Handschrift entwickeln, wie sie im Januar in einem Interview mit Der Westen erklärte. Auch sollten schon in der Grundschule die Kinder das richtige Tastaturschreiben mit dem Zehn-Finger-System lernen und sich das mühsame Zwei-Finger-Suchsystem ersparen.

Meidinger hingegen sieht die Tendenz, dass letztlich eine allgemeine Bildungsarmut vorangetrieben werde. Grundschulen seien zum Experimentierfeld und zur Spielwiese reformwütiger Unidozenten geworden. Das Konzept sei schon einmal gescheitert. 1916 habe der Pädagoge Fritz Kuhlmann in seiner Arbeitsschule versucht, die Grundschrift einzuführen; das Projekt sei aber wegen der schlechten Ergebnisse aufgegeben worden. Ähnliche solche verfehlte Reformen seien die Mengenlehre und die Schreiblernmethode nach Gehör ohne Rücksicht auf die Rechtschreibung.

Ob schön oder nicht: Wer handschriftliche Notizen macht, der versteht und behält den Inhalt eines Vortrags angeblich messbar besser. Außerdem bleibt das Verstandene länger im Gedächtnis, haben US-Forscher von der Princeton University und der University of California Los Angeles voriges Jahr berichtet. (anw)