EU-Kommission beschließt Strategie für den digitalen Binnenmarkt

Die EU-Kommission will Hindernisse für den grenzüberschreitenden Online-Handel abbauen und gegen "ungerechtfertigtes" Geoblocking genauso schärfer vorgehen wie gegen illegale Inhalte.

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EU-Kommission beschließt Strategie für den digitalen Binnenmarkt

(Bild: EU-Kommission)

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Schon im Herbst 2013 hatten die europäischen Staats- und Regierungschefs Regeln für einen digitalen Binnenmarkt gefordert. Nach mehrfachen Ankündigungen haben der für diesen Bereich zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Andrus Ansip, und sein Kollege Günther Oettinger, der die digitale Wirtschaft und Gesellschaft betreut, ihre Strategie vorgestellt und dazu auch ein umfangreiches Fakten- und Begründungspapier veröffentlicht.

Die Grundlinien der Strategie waren im April bereits bekannt geworden: Die Kommission will demnach nur noch gegen "ungerechtfertigtes" Geoblocking vorgehen, nachdem sich Ansip und Oettinger vorab über länderspezifische Sperren für legal erworbene Internetinhalte in die Haare gekriegt hatten. Auch will die Kommission den Kampf gegen illegale Inhalte im Netz ausweiten und deren Anbietern den Geldhahn zudrehen. Urheberrechte sollen zivilrechtlich einfacher durchsetzbar werden.

Haftungsfreistellungen für Provider aus der E-Commerce-Richtlinie will die Kommission prüfen, Verfahren, mit denen rechtswidrige Inhalte im Netz gelöscht werden, will sie vereinheitlichen. Gemeint sind "Informationen, die dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen" gemeinsam mit terroristischer Propaganda, Kinderpornographie oder Urheberrechtsverstößen. Eine umfassende Copyright-Reform, wie sie im EU-Parlament bereits diskutiert wird, zeichnet sich noch nicht ab. Oettinger will sich dazu "vor Jahresende" gesondert äußern.

Ansip und Oettinger demonstrierten nun an diesem Punkt Einigkeit. "Wir wollen ein digitales modernes europäisches Urheberrecht", beteuerte der CDU-Politiker. Ansip erwartet eine "Win-Win-Situation" für Kreative und Nutzer. Geoblocking sei in vielen Fällen, in denen es um Copyright gehe, aber genauso ungerechtfertigt wie beim E-Commerce und eines der "größten Hindernisse" für den digitalen Binnenmarkt. Aufrechterhalten will Ansip aber regionale Sperren für Online-Glücksspiele, da diese nicht in allen Mitgliedsstaaten legal seien.

Die Kommission will Schranken beim E-Commerce abbauen, Steuerregeln harmonisieren und die Marktmacht von Online-Plattformen wie Suchmaschinen oder soziale Netzwerke sowie den Rechtsrahmen für audiovisuelle Medien überprüfen. Günstigere transnationale Paketlieferdienste von höherer Qualität stehen genauso auf der Liste wie eine "Datenökonomie" am Übergang zur Industrie 4.0 aufzubauen oder den Wettbewerb durch Standards und Interoperabilität zu beflügeln. Selbst die alte Idee einer "europäischen Cloud", für die es bereits Anläufe gab, taucht wieder auf.

Die grünen Bundestagspolitikerinnen Renate Künast und Tabea Rößner kritisierten Oettinger, da er ein "ambitionsloses" Papier vorgelegt habe. Mit den "zaghaften und löchrigen Vorschlägen" würden die künstlichen Ländergrenzen in der digitalen Welt nicht eingerissen, die Inhalteanbieter etwa durch Geoblocking hochzögen. Andererseits müsse eine "Finanzierung von Kulturgütern" wie Filmen gewährleistet sein. Grünen vermissen "einen echten Fortschritt für ein harmonisiertes und modernisiertes Urheberrecht". Die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) monierte ebenfalls, dass von den großen Ankündigungen nur ein dünnes Echo übrig geblieben sei. (anw)