Bundestag: Große Koalition lehnt Scoring-Reform ab

Die Grünen wollen Auskunfteien untersagen, Verbraucher vor Geschäftsabschlüssen anhand diskriminierender Merkmale zu durchleuchten. Das vorgeschlagene Gesetz sei "überflüssig und kontraproduktiv", hält die CDU/CSU-Fraktion dagegen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 87 Kommentare lesen
Schufa

Die Grünen wollen Scoring-Anbieter wie die Schufa an eine kürzere Leine nehmen.

(Bild: dpa, Jens Kalaene)

Lesezeit: 2 Min.

Die Regierungsfraktionen halten wenig bis nichts vom Gesetzesvorschlag der Grünen, Scoring-Anbieter wie die Schufa oder Arvato Infoscore stärker zu regulieren. "Der Gesetzentwurf ist überflüssig und kontraproduktiv", meinte der Innenexperte der CDU/CSU-Fraktion, Stephan Mayer, am Freitag in der 1. Lesung des Vorhabens im Bundestag. Den Grünen warf er vor, Scoring zu "verteufeln". Dabei gehe es bei dem Verfahren nur darum, die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, mit der ein Kunde Rechnungen begleicht. Dies sei "unerlässlich für das Funktionieren unseres Handelslebens". Der Gesetzentwurf sei zudem "binnen weniger Monaten wieder obsolet", da sich die Verhandlungen über die EU-Datenschutzreform in der Endphase befänden.

Den Vorschlag, dass Scoring-Anbieter einmal pro Jahr die Verbraucher von sich aus kostenlos über die von ihnen gesammelten Daten informieren müssen, hält Mayer für sinnlos. Auch die Forderung der Grünen nach mehr Transparenz der mathematisch-statistischen Verfahren weist der Christsoziale zurück. Das berühre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Auskunfteien. Wenn jeder Betroffene künftig schriftlich darüber informiert werden müsste, wie seine Daten genutzt werden, würde das einen "Dokumentationswust" entfachen, der sich allein bei der Schufa auf einen Aufwand von 40 Millionen Euro beliefe.

Skeptisch sieht auch der SPD-Datenschutzexperte Gerold Reichenbach die grüne Initiative: "Es ist unumstritten, dass wir so etwas wie Scoring brauchen." Andererseits müsse der Gesetzgeber über ein Verbot des Geo-Scoring eventuell noch nachdenken. Offener für den Vorschlag der Grünen zeigte sich der Sozialdemokrat Metin Hakverdi. "Wie viel Macht wollen wir Auskunfteien über die Bürger einräumen?", fragte er im Plenum. Scoring sei als Überwachung im Hintergrund ständig präsent. Neben dem Wohnort dürften Alter, Geschlecht und Religion sowie Gesundheitsdaten dabei keine Rolle spielen.

"Scoring-Verfahren haben erheblichen Einfluss auf das Alltags- und Geschäftsleben von Verbrauchern", verteidigte die grüne Verbraucherschutzpolitikerin Renate Künast den Entwurf. "Wir wollen dafür sorgen, dass das Verfahren in Zukunft transparent und nachvollziehbar ist." Auch eine "bessere Aufsichtskontrolle durch die Datenschutzbehörden" und eine "zeitgenaue Löschung von kritischen Einträgen" sei nötig. Für die Linke unterstützte Harald Petzold den Entwurf, da die derzeitige Scoring-Praxis unbedingt geändert werden müsse. "Bei diesem automatisierten Bewertungsverfahren geht der Mensch als Individuum verloren", sorgte er sich.

Der Vorschlag soll nun in den parlamentarischen Gremien weiter beraten werden, bevor das Plenum darüber abstimmt. (vbr)