Eine Eieruhr zum Selberdrucken

Zur Idee der Personal Fabrication gehört auch eine druckbare Elektronik. Ein Forscherteam hat dank Nanoeffekten ein Verfahren gefunden, dass die Präzision dabei deutlich erhöht und den Energieaufwand beim Lasersintern vermindert.

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Von
  • Niels Boeing

Eine der spannendsten Entwicklungen derzeit sind für mich die Bemühungen einiger Forschungsgruppen, die Technik des Rapid Manufacturing (RM) der Allgemeinheit zugänglich zu machen. In der Öffentlichkeit wird dies noch gar nicht wahrgenommen – sei es, weil die RM-Industrie seit Jahren alle Vorstöße in Richtung eines „Personal Fabricators“ als uninteressant abtut („Dafür gibt es doch keinen Markt“), sei es weil sich die Aufmerksamkeit eher auf die Konsequenzen von Gen- und Biotechnik richtet.

Dabei gibt es eine Annäherung aus einem Gebiet, das einer künftigen RM-Technik erst den richtigen Schwung verleihen könnte: die „druckbare Elektronik.“ Meist geht es dabei um eine Massenproduktion von RFID-Tags oder Sensoren.

Könnte man aber eines Tages mit einem bezahlbaren Fabricator auch mikroelektronische Schaltungen selbst herstellen, würde Heimwerken auf ein ganz anderes Nivau gehoben. Bisher hängen wir da von Fachmärkten wie Conrad Elektronik ab. Die bieten zwar eine beeindruckende Palette von Bauteilen und Modulen. Aber die sind vorgefertigt – wie Legosteine, die man sich auch nicht mal eben selbst gießt, weil man gerne einen Stein etwa mit sieben Noppenreihen hätte (Standard sind eins, zwei, drei, vier und alle weiteren geraden Zahlen).

Ein interessantes Konzept für eine künftige druckbare Elektronik haben jetzt Forscher von der ETH Zürich und der Universität Berkeley entwickelt. Zunächst wird das Schaltungsmuster aus einer Tinte mittels Inkjet-Düsen aufgedruckt. Die Tinte besteht aus organischen Molekülen, an denen Goldnanopartikel hängen.

Nun werden zwei typische Nanoeffekte ausgenutzt. Die Tinte bildet eine so genannte Self-Assembling Monolayer (SAM), eine Schicht, in der die Moleküle in einer Lage parallel angeordnet sind. SAM sind ein Beispiel für Selbstorganisation auf der Nanoskala. Anschließend werden die Goldnanopartikel mit einem Laser entlang des Schaltungsmusters gesintert. Im Unterschied zu makroskopischem Gold, das einen Schmelzpunkt von 1063 Grad Celsius hat, sinkt der Schmelzpunkt für 2 Nanometer dicke Goldpartikel auf 150 Grad Celsius. Es muss also vergleichsweise wenig Wärmeenergie zugeführt werden.

Mit diesem Verfahren konnten die Forscher die Breite der Goldbahnen von 50 Mikrometern, was der Auflösung von Inkjet-Düsen entspricht, auf 1 bis 2 Mikrometer reduzieren. Noch besser: Die überschüssigen Moleküle können weggewaschen und wiederverwendet werden. Die so erzeugten Schaltungen haben nach Angaben der Forscher über mehrere Monate dieselbe Qualität gehabt wie photolithographisch hergestellte.

Natürlich haben die beteiligten Forscher eine industrielle Anwendung im Sinn. Aber wie cool wäre es, wenn derartige Verfahren eines Tages Bestandteil eines „Volks-3D-Druckers“ würden. Man könnte sich am Rechner eine Schaltung entwerfen und sie gleich in ein Objekt integriert ausdrucken.

Klar, man kann jetzt einwenden: Was soll man damit machen? Wer hat ein Interesse daran? Diese Fragen sind in den Siebzigern auch gestellt worden, als die ersten PCs auf den Markt kamen. Ich denke, der Phantasie sind da kaum Grenzen gesetzt. Es darf auch unerheblich sein: Ich würde mir zum Beispiel gerne eine winzige elektronische Eieruhr ausdrucken (im Moment schaue ich beim Eierkochen mangels Armbanduhr oder einer anderen Uhr mit Sekundenanzeige auf meinen iPod).

Aber Eieruhr hin oder her: Vor allem würde eine solche Entwicklung zu einer Demokratisierung industrieller Produktionsweisen auf einem ansehnlichen Niveau beitragen – möglicherweise auch zu einer nachhaltigeren Produktion, die die Idee „just in time“ und „just on demand“ verwirklicht, ohne dass ganze Warenlager durchs Land rollen. (wst)