Selektoren-Streit: Große Koalition einigt sich auf Sonderermittler

Das Kanzleramt gewährt dem Bundestag keine Einsicht in die Liste mit kritischen Suchbegriffen, nach denen der BND für die NSA in seinen Datenbanken suchen sollte. Deswegen soll die nun ein ehemaliger Bundesverwaltungsrichter einsehen.

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Deutscher Bundestag

(Bild: heise online/Rodrigo Galindez, CC BY 2.0)

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Die Regierungsfraktionen im NSA-Untersuchungsausschuss haben sich wohl nun endgültig auf die Einsetzung eines Sonderermittlers geeinigt, der die Liste kritischer NSA-Selektoren einsehen soll. Das meldet zumindest Spiegel Online unter Berufung auf Quellen aus dem Umfeld des Gremiums. Demnach wollen die Ausschussmitglieder das noch am Mittwoch bekanntgeben und dann den ehemaligen Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich mit dem Posten betrauen. Die Opposition übe weiterhin heftige Kritik und wolle noch im Sommer gegen dieses Vorgehen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Graulich war 41 Jahre im öffentlichen Dienst als Jurist tätig und arbeitete davon 15 Jahre am Bundesverwaltungsgericht. Er ist SPD-Mitglied und war bereits vor Wochen als aussichtsreichster Kandidat für den Posten des Sonderermittlers gehandelt worden. Weil das Bundeskanzleramt dem Ausschussmitgliedern keinen Einblick in die Selektoren-Liste geben will, soll er das stellvertretend tun und dann – vergleichsweise allgemein – Bericht erstatten. In der Liste sind jene Suchbegriffe gesammelt, die von der NSA an den BND gegeben worden waren, die dem aber schließlich zu heikel wurden, weil sie sich gegen deutsche und europäische Interessen richteten.

Die Einsetzung des Sonderermittlers wird von der Opposition scharf kritisiert und auch Bundestagspräsident Lammert erinnerte an die Rechte des Parlaments. Grüne und Linke kritisieren, dass das Kanzleramt unbedingt eine Genehmigung aus den USA für die Freigabe der Liste erhalten wollte und sich dann nicht darüber hinwegsetzte, als die nicht kam.

Die Opposition beruft sich auch auf Rechtsgutachten, wenn sie erklärt, dass ein Sonderermittler nicht mehr Rechte erhalten dürfe, als sie selbst. Immerhin seien sie im Untersuchungsausschuss mit der Aufarbeitung der Geschehnisse beauftragt. Das Kanzleramt meint jedoch, die Gewährung der Einsichtnahme würde gegen Völkerrecht verstoßen. Dabei hatte die US-Regierung in einem ähnlichen Fall US-Abgeordneten Einsicht in geheime Dokumente aus Deutschland gewährt. (mho)