EuGH: Versehentliche Falschauskunft ist abmahnfähig

Bereits eine einzelne falsche Auskunft eines Gewerbetreibenden gegenüber einem Verbraucher stellt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs einen Wettbewerbsverstoß dar. Das Urteil könnte zu Abmahnwellen führen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 198 Kommentare lesen
Europäischer Gerichtshof

(Bild: dpa, Nicolas Bouvy/Archiv)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Nicolas Maekeler

Bereits eine einzelne falsche Auskunft eines Gewerbetreibenden gegenüber einem Verbraucher stellt einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß dar. Nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist dabei unerheblich, ob die Auskunft fahrlässig oder vorsätzlich falsch erteilt wurde.

In dem der EuGH-Entscheidung (Urteil vom 16.04.2015, Az. C-388/13) zugrundeliegenden Fall erteilte der ungarische Kabelfernsehanbieter UPC einem anfragenden Kunden eine falsche Auskunft über die Dauer der Vertragsbeziehung. Ursache war offensichtlich ein versehentlicher Zahlendreher. Aufgrund der genannten Daten bestimmte der Verbraucher den Kündigungszeitpunkt nicht richtig, wodurch er den Vertrag nicht fristgerecht kündigte und ihm unnötige Kosten entstanden. Die zuständige Budapester Verbraucherschutzinspektion verhängte wegen der Falschauskunft gegen das Unternehmen eine Geldbuße in Höhe von umgerechnet 80 Euro wegen unlauterer Geschäftspraxis.

Gegen diese Entscheidung ging UPC gerichtlich vor. Nach mehreren Instanzen legte schließlich das Oberste Gericht Ungarns (Kúria) dem EuGH unter anderem die Frage vor, ob die Europäische Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken so auszulegen ist, dass bereits eine unwahre Angabe gegenüber nur einem Verbraucher eine "Geschäftspraxis" im Sinne der Richtlinie darstellen kann. Da die Richtlinie ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten soll, bejahte der EuGH einen Wettbewerbsverstoß.

Es sei völlig unbeachtlich, dass das Verhalten des Gewerbetreibenden nur einmal vorkam und nur einen Verbraucher betraf. Ein diesbezüglicher Schwellenwert sei in der Richtlinie nicht vorgesehen. Darüber hinaus ließe sich für den Verbraucher in der Praxis schwerlich nachweisen, dass auch andere durch ein bestimmtes Verhalten eines Unternehmens geschädigt wurden. Irrelevant sei auch, ob der Unternehmer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat und ob dem Verbraucher tatsächlich ein Schaden entstanden ist.

Das EuGH-Urteil könnte weitreichende Konsequenzen für den Handel haben. Praktisch für jede objektiv falsche Verbraucherauskunft kann ein Mitbewerber nun das entsprechende Unternehmen wegen eines Wettbewerbsverstoßes abmahnen. Es wird Sache der nationalen Gerichte sein, unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob die Folgen, welche sich aus derartigen Wettbewerbsverstößen ergeben, auch verhältnismäßig sind. (hob)