Studie: Trolle beeinflussen Lesermeinung über Online-Nachrichten

Manche Online-Medien befürchten, unsachliche oder beleidigende Leserkommentare beeinträchtigen das Ansehen ihrer Marke. Hohenheimer Kommunikationswissenschaftler nähren nun ihre Befürchtungen.

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Trolle

(Bild: Cali4beach / Flickr / CC-BY-2.0)

Lesezeit: 2 Min.

Beleidigungen in den Leser-Kommentaren wirken sich negativ darauf aus, wie Leser die Vermittlungsqualität eines Nachrichtenartikels wahrnehmen. Das haben Kommunikationswissenschaftler der Universität Hohenheim in einer Online-Umfrage mit knapp 1000 Teilnehmern herausgefunden. Probanden, die eine Version mit beleidigenden Kommentaren gelesen hatten, bewerteten die Vermittlungsqualität des Artikels deutlich schlechter als diejenigen, die höfliche Kommentare zum Artikel gelesen hatten – und zwar unabhängig von der Marke.

Kommentare ohne Argumente wirkten sich hingegen negativ auf die wahrgenommene inhaltliche Qualität des Artikels aus, wenn die Medienmarke unbekannt war. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass das Image einer professionellen Marke vor den negativen Auswirkungen substanzloser Kommentare schützt. Allerdings könnten auch höfliche Kommentare und solche mit Argumenten die wahrgenommene Qualität eines Artikels im Vergleich zu einer Version ganz ohne Kommentare verschlechtern, wie der wissenschaftliche Mitarbeiter Fabian Prochazka erläutert.

Fabian Prochazka

(Bild: Uni Hohenheim )

Die wahrgenommene journalistische Qualität von Online-Artikeln scheint nach Ansicht der Wissenschaftler sowohl vom bloßen Vorhandensein von Nutzerkommentaren als auch von ihrer Beschaffenheit beeinträchtigt zu werden. Kommentare in höflichem Ton und mit begründeten Argumenten böten für die Nachrichtenwebsites kaum einen Mehrwert, wenn es um die wahrgenommene Qualität des Beitrags angeht.

Die Forscher vermuten, dass die beobachteten Effekte mit der Art zu tun haben, wie die meisten Menschen Online-Nachrichten lesen. Diese würden häufig nur kurz überflogen. Nutzerkommentare seien recht kurz und deren Qualität deutlich einfacher zu erkennen als die eines journalistischen Artikels. "Wenn es um Qualitätsurteile geht, bleiben diese leichter im Gedächtnis hängen, werden eher erinnert und überlagern so die Wahrnehmung des Artikels", schreibt Prochazka.

Kommentarfunktionen komplett abzuschalten sei aber für Online-Medien kein Patentrezept, denn dadurch entgingen ihnen möglicherweise auch positive Effekte. Denn die Nutzer seien zwar häufig enttäuscht von der Qualität der Kommentare, legten aber großen Wert auf die Funktion, weil sie die Möglichkeit zum Feedback und zur Teilhabe hoch schätzen.

Den Teilnehmern der Online-Umfrage wurden unterschiedliche Versionen eines Nachrichtenbeitrags vorgelegt. Der Text war dabei immer gleich – lediglich die Marke der Website, das Vorhandensein und der Ton der Kommentare wurden systematisch verändert. Nachdem die Umfrage-Teilnehmer den Artikel gelesen hatten, sollten sie über seine Qualität urteilen, also ob er in ihren Augen objektiv ist oder verständlich geschrieben wurde. Die Publikation zu der Umfrage wird derzeit noch vorbereitet, erläuterte Prochazka gegenüber heise online. (anw)