Digitale Agenda: "Lichtjahre entfernt von deutscher Vorreiterrolle"

Die Internetwirtschaft geht nach einem Jahr streng zu Gericht mit dem digitalen Aufgabenheft der Regierung. Vor allem das Wirtschaftsministerium habe dicke Bretter wie rechtssicheres WLAN oder Netzneutralität noch nicht gebohrt.

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Netzkabel

(Bild: Glasfaserkabel)

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Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco ist unzufrieden mit der Umsetzung der vor einem Jahr verkündeten digitalen Agenda der Bundesregierung. Die beteiligten Ministerien müssten "einen Zahn zulegen müssen, wenn Sie zumindest den Großteil der geplanten Vorhaben bis zur nächsten Bundestagswahl 2017 noch verwirklichen" wollten. Unter besonderem Handlungsdruck stehe das Wirtschaftsressort, das mit der geplanten Urheberrechtsreform, einem Rahmen für das offene Internet und dem Einhegen der Störerhaftung von WLAN-Betreibern noch einige der schwierigsten Aufgaben zu bewältigen habe.

eco hat für einen heise online vorliegenden "Barometer Netzpolitik" 45 Vorhaben aus dem digitalen Pflichtenbuch der Exekutive unter die Lupe genommen, die er für "besonders relevant" hält. Ein Viertel davon ist bereits abgehakt, mehr als die Hälfte in Arbeit, 22 Prozent aber noch gar nicht in Angriff genommen. Insgesamt habe die Bundesregierung 75 Prozent ihrer Ziele aus der Agenda noch nicht erreicht.

Auch wenn rund 1,3 Milliarden Euro in Breitbandprojekte fließen sollten, sei Deutschland von der angekündigten Vorreiterrolle bei digitalen Infrastrukturen nach wie vor "Lichtjahre entfernt", bedauert der eco. Selbst in Rumänien oder Tschechien liege die durchschnittliche Surfgeschwindigkeit, die hierzulande 10,2 MBit/s betrage, höher.

Beim Thema Netzneutralität stehe das Wirtschaftsministerium parallel wieder am Anfang, nachdem es seinen Vorschlag auf EU-Ebene nicht habe durchsetzen können. Keinen Fortschritt kann der eco ferner bei dem Plan erkennen, Deutschland zum Verschlüsselungsstandort Nummer Eins zu machen.

Mehr Initiative habe die Regierung im Handlungsfeld "Vertrauen" gezeigt. Dort stehe an erster Stelle das IT-Sicherheitsgesetz, das im Juli in Kraft getreten ist. Nun gehe es darum, im Rahmen einer zugehörigen Verordnung "die kritischen Sektoren und deren Branchen präzise zu definieren und diese besonders in die Pflicht zu nehmen". Positiv sei es auch, dass Deutschland bei der EU-Datenschutzreform mittlerweile Dampf mache. Als "großen Rückschlag" bewertet der eco in diesem Feld dagegen den Vorstoß, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. (anw)