Router "OnHub": Googles Werk und TP-Links Beitrag

Der Konzern, der bereits Standort, Mail und Browser-History zahlloser Internetnutzer kennt, bringt einen Router auf den Markt – mit interessanten Einfällen zur Steigerung der WLAN-Reichweite.

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Google OnHub Router
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic
Inhaltsverzeichnis

Google hat im Rahmen seiner Bemühungen, im Connected Home Fuß zu fassen und Nutzern ins Internet zu verhelfen, einen WLAN-Router auf den Markt gebracht. Das OnHub genannte Gerät hat der Konzern zusammen mit dem Router-Hersteller TP-Link entwickelt. Freilich ist es kein beliebiger Router: Das liegt nicht nur daran, dass Google beim Hard- und Software-Design neue Ideen eingebracht hat. Kritiker sind skeptisch, denn der Internet-Konzern positioniert sich damit auf dem strategisch wichtigsten Punkt im Netzwerk des Nutzers: Im Router laufen alle ein- und ausgehenden Netzwerkdaten zusammen.

Der Vorwurf der Kritiker lautet daher: Eine Firma, die schon den Standort ihrer Nutzer, das Mail-Postfach und die Browser-History kennt und mit der Verwertung von Meta-Daten Geld verdient, bringt sich mit einem eigenen Router in Position, weitere Erkenntnisse über Anwender direkt vor Ort zu ernten. Außerdem eignet sich ein Router rein technisch betrachtet auch für Manipulationen, um etwa den hauseigenen Videokanal YouTube gegenüber anderen Diensten zu bevorzugen.

Google führt jedoch ganz andere Beweggründe ins Feld, Router zu bauen. Hauptsächlich, so erklärt das Unternehmen, stört an vielen aktuellen Routern deren umständliche Bedienung und unbefriedigende WLAN-Leistung. So entwickelte Google ein eigenes, auf Smartphones gestütztes Verfahren, um den Router einzurichten und zu verwalten. Mittels einer schlicht On genannten App, die für Android und iOS erhältlich ist, richtet man das Gerät ein, analysiert bei Bedarf, wie viel Bandbreite die Geräte gerade nutzen, testet Netzwerk-Eigenschaften und beseitigt Netzwerkfehler.

Wenn er online ist, lässt sich auf den OnHub auch aus der Ferne per Smartphone zugreifen. Die Passwort-Verwaltung stellt Google als besonders komfortabel dar; die App kann es auf Wunsch etwa an Familienmitglieder per Mail weitergeben. Ob und wie dieser Weg gegen unerwünschte Mitleser gesichert ist, dazu äußert sich Google nicht. Daneben aktualisiert sich der OnHub-Router automatisch, holt also wie etwa die Fritzbox auch etwaige Sicherheitsaktualisierungen ab und pflanzt sich diese selbst ein.

An Googles Zutaten gefallen gleich mehrere neue Ideen. So beziehen Android-Smartphones den Anmelde-Code per Audio-Signal; der Router spielt es bei der Einrichtung über seinen eingebauten 3-Watt-Aktivlautsprecher ab. Das ist ein nettes Gimmick – sicher deutlich preiswerter zu implementieren als etwa die auch für Authentisierungen gedachte Nahfunktechnik NFC – aber man sollte den Code besser nur dann Abspielen, wenn ihn Unbefugte nicht aufzeichnen können.

Zwei einander teilweise überlagernde Abdeckungsbereiche: Während der herkömmliche MIMO-Antennensatz als Rundstrahler ausgelegt ist, deckt ein zusätzliches Antennenschüsselchen den Bereich vor dem Router ab -- frelich laut Google nur im 2,4-GHz-Band.

(Bild: Google)

Um die Funkversorgung zu optimieren, wendet Google verschiedene, teils bekannte Techniken an. Der OnHub misst die Funkqualität fortlaufend und ändert seine WLAN-Eigenschaften dynamisch, wenn er Interferenzstörungen von anderen Geräten feststellt. Der Clou ist aber die Antennenbestückung: Je drei Antennenpaare für das 2,4- und das 5-GHz-Band sind im zylinderförmigen Gehäuse des Geräts kreisförmig und zueinander versetzt angebracht, um gegenseitige Störungen zu senken.

Zusätzlich ziert den OnHub eine kleine Antennenschüssel an der Front, die ihr Funksignal gerichtet nach vorn abstrahlt – das dürfte praktisch sein, wenn man das Gerät wie von Google empfohlen in einem Wandregal aufstellt. Wie viel die beiden Konzepte gegenüber herkömmlichen, also mehr oder minder linearen Antennenanordnungen bringen, müssen Messungen noch zeigen.

Von den Papierwerten her findet sich wenig überraschendes im OnHub und entspricht in vielen Punkten den heute üblichen, und auch von TP-Link gefertigten Routern: Die WLAN-Module senden gemäß den IEEE-Normen 802.11n und 802.11ac bis zu drei räumlich getrennte Datenströme. Einzelheiten zu den Bruttoraten im 2,4- und 5-GHz-Band nennt Google nicht, der Gesamtdurchsatz über beide Bänder hinweg soll aber 1900 MBit/s erreichen. Ferner hat der OnHub ZigBee und Bluetooth 4.0 an Bord.

Das Gehäuse-Design steht gedanklich in einer Reihe mit Apples PowerMac Cube, einem Desktop-Rechner, der um die Jahrtausendwende demonstrierte, wie sich Abwärme effektiv ohne Lüfter abtransportieren lässt – freilich seinerzeit mit maximal 500 MHz Taktfrequenz. Dem OnHub haben Google und TP-Link hingegen eine Dual-Core-CPU mit 1,4 GHz spendiert (IPQ8064). Daneben sind 4 GByte Flash-Speicher in e-MMC-Ausführung an Bord, ein GByte RAM, ein USB-3-Port sowie ein Gigabit-Switch mit einem WAN- und einem LAN-Anschluss.

Das Gerät ist bisher nur für den nordamerikanischen Markt gedacht und kostet rund 200 US-Dollar. Interessenten können es bei Google Store, Amazon und Walmart vorbestellen. Künftig soll das Gerät auch mit Smart Devices zusammenarbeiten, sei es über Bluetooth Smart, Weave oder ZigBee. Weitere Google-Router in Zusammenarbeit mit Asus seien schon in Arbeit, heißt es, und sollen Ende des Jahres erscheinen. Die Auslieferung des jetzt angekündigten OnHub soll "in den kommenden Wochen" beginnen.

Auf die Anzahl der Bestellungen und auf die Auslieferung kann man nun gespannt sein. Googles Produktmanager Trond Wuellner hat sich jedenfalls gegenüber dem US-Magazin Wired ins Zeug gelegt, um Bedenken von Datenschützern auszuräumen: “Wir sind stolz auf unsere Arbeit, mit der wir OnHub zu einem vertrauenswürdigen und sicheren Mitglied Ihrer Familie machen. Wir haben eine starke und harte Grenzlinie um das Auskundschaften beliebiger Information gezogen, seien es Web-Seiten oder sonstige Inhalte, die Sie zu Hause ansehen.” Das bedeutet aber nicht, dass der Konzern auf die Protokollierung und Übermittlung von Daten verzichtet. In der Steuerungs-App finden sich lediglich Einstellungen zum Ein- oder Ausschalten der Datenerfassung. (dz)