Bundesregierung beschließt umstrittenen WLAN-Gesetzentwurf

Trotz scharfer Kritik von Branchenverbänden und des Einzelhandels hat das Kabinett seinen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, mit dem es mehr Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber schaffen will.

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Kanzleramt

(Bild: dpa/heise online)

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Die Bundesregierung will Hotspot-Anbieter vom Damoklesschwert der Störerhaftung befreien. Sie hat dazu am Mittwoch einen Referentenentwurf für ein WLAN-Gesetz aus dem Bundeswirtschaftsministerium vom Juni ohne Änderungen verabschiedet. Die heftig umstrittene Initiative muss noch den Bundestag passieren. Der Bundesrat ist nicht zustimmungspflichtig.

WLAN-Anbieter sollen sich unter bestimmten Voraussetzungen auf das Haftungsprivileg für Provider aus dem Telemediengesetz (TMG) berufen können. Es besagt, dass sie für Rechtsverletzungen anderer nicht schadensersatzpflichtig sind und sich nicht strafbar machen. Zudem will das Bundeskabinett mit dem Gesetz klarstellen, dass Betreiber nicht auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch genommen werden könnten. Sie müssen dafür aber "zumutbare Maßnahmen" ergreifen, um insbesondere Urheberrechtsverstöße durch Dritte zu verhindern.

In dem Vorschlag der Bundesregierung heißt es, dafür komme "insbesondere die Verschlüsselung des Routers" etwa in Form des WPA2-Standards in Betracht. Möglich sei auch "eine freiwillige Registrierung der Nutzer". Um in den Genuss der Haftungsausnahme zu kommen, müssen WLAN-Betreiber von ihren Nutzern eine Erklärung einholen, dass diese keine Rechtsverletzungen begehen. Dafür reicht es, Nutzungsbedingungen "möglichst durch Setzen eines Häkchens" ausdrücklich anzuerkennen. Zunächst hatte das Wirtschaftsministerium gefordert, dass Privatpersonen die Nutzer ihrer Netze namentlich erfassen müssten.

Praktiker wie die Freifunker sowie Verbraucherschützer halten die Anforderungen für schwer umsetzbar und darüber hinaus datenschutzrechtlich bedenklich. Sie kritisieren, dass die Auflagen zu hohen Folgekosten für öffentliche Stellen und Private führen.

"Mit dem Gesetzentwurf verpasst die Bundesregierung die Gelegenheit, kleinen und mittelständischen Händlern die Möglichkeit zu geben, ihren Kunden einfach und unkompliziert WLAN anzubieten", beklagt auch der Handelsverband Deutschland. Dies verbliebenen rechtlichen Risiken und Registrierungsvorschriften für öffentliche Funknetze bremsten Investitionen in Millionenhöhe aus.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) betonte dagegen: "Jetzt können Städte, Cafés, Hotels und Private ihr WLAN rechtssicher öffnen." Es sei ein Grundbedürfnis, "jederzeit und überall mobil und unkompliziert ins Internet zu kommen".

Ein weiterer Streitpunkt ist, dass etwa Filehoster oder Cloud-Dienste haftungsrechtlich nicht mehr privilegiert sein sollen, die "durch eigene Maßnahmen gezielt die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung" fördern oder keine Möglichkeit bieten, illegale Inhalte "durch Berechtigte entfernen zu lassen".

Rechtsgutachter für den Verband der deutschen Internetwirtschaft eco haben diesen Vorschlag gerade verrissen, da so etwa auch Anbieter pseudonymer oder anonymer Telemediendienste als besonders "gefahrengeneigt" eingestuft werden könnten und einer verschärften Haftung unterlägen. Auch der Digitalverband Bitkom lehnt diese Klausel ab, die Experten zufolge zudem nicht mit dem EU-Recht vereinbar wäre. (vbr)