NSA-Skandal: Opposition will Herausgabe der Selektorenliste erzwingen

Die Bundestagsfraktionen der Linken und der Grünen haben beim Bundesverfassungsgericht jetzt die angekündigte Klage eingereicht, mit der sie Einsicht in die Zielvorgaben der NSA für den BND durchsetzen wollen.

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geschwärzte Daten

Nicht unerhebliche Teile der Klage sind für die Öffentlichkeit geschwärzt.

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Die Opposition will wie angekündigt die Herausgabe der umstrittenen Selektorenliste der NSA für den Bundesnachrichtendienst (BND) gerichtlich erstreiten. Die Bundestagsfraktionen der Linken und der Grünen haben am Donnerstag eine Organklage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sie wollen damit sicherstellen, dass dem NSA-Untersuchungsausschuss des Parlaments alle notwendigen Beweismittel zur Verfügung stehen und die Oppositionsrechte nicht willkürlich beschnitten werden können.

Im Frühjahr war bekannt geworden, dass der BND seit Jahren eine bis heute unbekannte Anzahl an von der NSA übermittelten Suchbegriffen in seine Erfassungssysteme zur Satelliten- und Telekommunikationsaufklärung eingestellt hatte. Die Schätzungen reichen – je nach Zählweise – von mehreren zehntausend bis zu Millionen Selektoren. Teils sollen die Merkmale gegen in Deutschland geltenden rechtlichen Überwachungsbestimmungen sowie deutsche Interessen etwa in Europa verstoßen haben. Ergebnisse hat der BND mehr oder weniger gefiltert der NSA übermittelt.

Die Bundesregierung weigert sich seit Monaten, dem Untersuchungsgremium eine Liste mit Selektoren vorzulegen, die der BND in seinen Systemen als "nicht aktiv" ausgesondert hat. Sie beruft sich dabei darauf, dass die US-Regierung einem solchen Schritt zustimmen müsste. Ein "Konsultationsprozess" dazu läuft bislang ins Leere. Das Bundeskanzleramt hat daher nur einer von ihm selbst eingesetzten Vertrauensperson Einsicht in die Unterlagen gewährt. Dieser "Sonderermittler", der frühere Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich, soll die Selektorenliste prüfen. Die Weisung lautet, dass er sich dabei "loyal gegenüber dem Auftraggeber", also der Bundesregierung, verhalten muss.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Für die Opposition ist damit klar, dass die Abgeordneten so ihren Untersuchungsauftrag nicht erfüllen können. Dem Aufklärungsziel könne die Bundesregierung dabei keinerlei gleichrangige Belange entgegenhalten, heißt es in der Antragsschrift. Dies gelte vor allem für das Geheimschutzabkommen mit den USA. Dieses wirke sich gegenüber dem Bundestag nicht aus, schon weil es ohne Zustimmung der Volksvertreter geschlossen worden sei und für einen derartig weitreichenden Eingriff in die Parlamentsrechte eine Verfassungsänderung erforderlich gewesen wäre.

Die Bundesregierung habe auch nicht nachgewiesen, dass der geheime Vertrag die parlamentarischen Kontrollrechte einschränke. Die USA sollen dies bestritten haben. Weiter legen Linke und Grüne dar, ernsthafte Auswirkungen auf das Verhältnis zu den USA seien nicht zu befürchten. Die Regierung habe auch dazu nichts vorgelegt.

Für die Anwälte der Opposition sei zudem überhaupt nicht erkennbar, dass es zu einer Indiskretion komme, wenn die gewünschten Akten vorgelegt würden und die Liste publik werden könnte. Zudem gehöre zum "Schutz der staatlichen Sicherheit und Unversehrtheit der Vereinigten Staaten" nicht auch zwingend, sich "vor bloßer Peinlichkeit" abzusichern. Die allgemeine Kooperation zwischen dem BND und der NSA sowie anderen ausländischen Geheimdiensten sehen Linke und Grüne ebenfalls nicht ernsthaft gefährdet.

Große Teile der Antragsschrift sind für die Öffentlichkeit geschwärzt. Die Opposition sieht sich dazu gezwungen, weil es an diesen Stellen um Informationen gehe, die die Bundesregierung als geheim eingestuft hat. (anw)