Urhebervertragsrecht: Justizminister will Total-Buy-Out-Verträge stoppen

Das Bundesjustizministerium will das Urhebervertragsrecht reformieren und Schöpfern nach fünf Jahren ein Rückrufrecht für gewährte Nutzungslizenzen einräumen. Die Buchbranche und Produzenten wehren sich dagegen.

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(Bild: Peter Endig, dpa)

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Das Haus von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) macht sich an die Reform des Urhebervertragsrechts, die die schwarz-rote Koalition 2013 vereinbart hatte. In einem jüngst vorgelegten Referentenentwurf für ein "Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübender Künstler auf angemessene Vergütung" will das Ministerium vor allem gegen Total-Buy-Out-Verträge vorgehen, bei denen Kreative nach einer recht niedrigen Einmalzahlung nicht mehr an der Verwertung ihrer Werke beteiligt werden.

Das Ministerium will es Urhebern gestatten, nach fünf Jahren ein vertraglich erteiltes Nutzungsrecht zurückzurufen und anders zu vermarkten – wenn ein Angebot eines anderen Verwerters vorliegt. Der bisherige Vertragspartner würde dabei eine Art Vorkaufsrecht behalten, könnte durch ein eigenes vergleichbar gutes Angebot das Nutzungsrecht behalten.

Verwerter sollen Kreativen zudem jedes Jahr Auskunft darüber geben müssen, wie ihre Werke genutzt und monetarisiert werden. Einzelne Branchen könnten aber andere Regeln vereinbaren.

Klarer festschreiben will das Ministerium zudem, dass Mehrfachverwertungen jeweils separat vergütet werden müssen. Sollte ein Unternehmen sich nicht an Vergütungsregeln aus individuellen Verträgen halten, müssen nicht mehr die Betroffenen selbst klagen. Urhebervereinigungen sollen für solche Fälle ein Verbandsklagerecht bekommen. Eine Schiedsstelle für Schlichtungsverfahren soll dafür sorgen, dass Vergütungsverhandlungen nicht mehr jahrelang verschleppt werden.

Das Urhebervertragsrecht von 2002 greife an entscheidenden Punkten noch nicht, meint das Justizministerium. So führe eine "gestörte Vertragsparität" dazu, dass sich Kreative in vielen Fällen noch immer auf Vertragsbedingungen einlassen müssten, mit denen sie alle Rechte am Werk beziehungsweise an ihren Leistungen aus der Hand gäben.

Urhebern fehle zudem nach wie vor oft die Markt- und Verhandlungsmacht, um den gesetzlich verankerten Anspruch auf angemessene Bezahlung tatsächlich durchzusetzen. Ihnen drohe, wenn sie ihre Rechte wahrnehmen, in "schwarzen Listen" faktisch boykottiert zu werden.

"Gute Arbeit soll sich lohnen und fair vergütet werden", erklärte Maas jüngst. "Dieser Grundsatz muss auch in der Kreativwirtschaft gelten, und dazu soll der Gesetzentwurf mit seinen maßvollen Vorschlägen beitragen." Es gehe darum, Urheber an jeder Verwertung zu beteiligen.

"Verlage bauen oft mühsam und unter großen Anfangsinvestitionen neue Autoren auf", erläutert der Vorsitzende des Verlegerausschusses des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Matthias Ulmer. Das geplante Rückrufrecht zwinge den Verlagen aber eine Arbeitsweise auf, die auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtet sei. Das sei weder im Sinne eines qualitätsvollen Buchangebots noch in dem der Urheber.

Seine Kritik hatte der Börsenverein bereits zuvor in einer Stellungnahme zusammengefasst. Darin heißt es, dass der Entwurf "eine so große Zahl verfehlter Regelungsansätze" enthalte, dass er "als Grundlage für ein sachgerechtes Gesetzgebungsverfahren nicht geeignet ist". Der Entwurf kranke daran, "empirische Erkenntnisse" und Marktrealitäten völlig außen vor zu lassen und werde mit "ausschließlich ideologisch anmutenden Behauptungen" begründet.

Auch die Produzentenallianz aus den Bereichen Film und Fernsehen warnt vor einer "dramatischen Verschärfung" des Eingriffs in die Vertragsfreiheit. Der Entwurf, der momentan mit den anderen Ressorts abgestimmt wird und bald in einen Regierungsvorschlag münden soll, sei "missglückt".

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßte dagegen die Absicht des Justizministeriums. Die Initiative stelle einen "dringend notwendigen und lange überfälligen Schritt zur Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen der professionellen Medien- und Kulturschaffenden in Deutschland dar", müsse aber noch erweitert werden. Das Papier weise in die richtige Richtung, sind sich auch Vereinigungen von Kreativen wie der Deutsche Journalistenverband (DJV), die Allianz Freischreiber oder der Bundesverband Schauspiel einig. (anw)