Auch Opel könnte Abgas-Prüfung manipuliert haben

Ein Test-Opel emittierte auf einem Prüfstand im NEFZ-Zyklus 2 bis 3 Mal höhere NOx-Werte, wenn beide Achsen gerollt werden statt einer. Das ist ein starker Hinweis auf eine automatische Prüfstandserkennung.

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Auch Opel könnte Abgas-Prüfung manipuliert haben

(Bild: Holzmann / DUH)

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Von
  • Martin Franz
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Die Berner Fachhochschule in der Schweiz hat im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Stickoxid-Emissionen eines aktuellen Opel Zafira 1.6 CDTi untersucht. Dabei wurden in bestimmten Fahrsituationen bis zu 17-fach höhere Stickoxid (NOx)-Emissionen gemessen als nach dem Euro 6 Grenzwert zulässig.

Bei den Messungen wurden dabei interessante Details festgestellt: Der Zafira stieß im offiziellen Prüfzyklus mit drehenden Hinterrädern in drei Tests jeweils zwei bis viermal mehr NOx aus als erlaubt. In drei weiteren Tests unter "normalen" Prüfstandbedingungen und damit nicht mitdrehenden Hinterrädern lagen hingegen die NOx-Werte jeweils unter dem vorgeschriebenen Grenzwert von 80 mg/km. Die Experten an der FH erläutern: "Die Messresultate zeigen, dass das Fahrzeug sich anders verhält, wenn der Rollenprüfstand im 4- oder 2-Rad Modus betrieben wird."

Es gibt noch eine weitere Besonderheit bei nicht drehenden Hinterrädern: Bei einer kontinuierlichen Erhöhung der Geschwindigkeit auf 150 km/h stiegen die NOx-Emissionen schlagartig an und überschritten die Messskala des Analysengerätes. Im Prüfgutachten heißt es dazu: "Das Verhalten könnte durch eine Abschaltung der AdBlue-Dosierung erklärbar sein. Ein ähnliches Verhalten war während des 4-Radantriebmodusbetriebs nicht feststellbar."

Abgas-Skandal: Opel unter Verdacht (3 Bilder)

Die Tests wurden an der Berner Fachhochschule durchgeführt. Dort kommt man zu dem Schluss, dass "die Messresultate zeigen, dass das Fahrzeug sich anders verhält, wenn der Rollenprüfstand im 4- oder 2-Rad Modus betrieben wird."
(Bild: Holzmann / DUH)
Der Abgas-Skandal bei VW

Hier muss allerdings genau differenziert werden: Eine Prüfstandserkennung ist klar illegal, eine schlagartige Erhöhung des NOx-Ausstoßes bei hohem Tempo nicht unbedingt. Der gesetzliche Rahmen sieht hierzulande zumindest aktuell nicht vor, die Messwerte bei höheren Geschwindigkeiten zu erfassen. Also kann bei hohem Tempo beliebig viel NOx ausgestoßen werden, da der Gesetzgeber nur die Einhaltung im Prüfzyklus vorschreibt.

Im Gutachten der FH heißt es weiter: "Die durchgeführten Messungen zeigen folgende Tendenz: Die NOx-Emissionen im NEDC sind abhängig vom Prüfstandmodus 2WD/4WD. Im 2-Radantriebmodus erfüllte das Fahrzeug die NOx-Vorschriften. Bei tiefen Geschwindigkeiten sind die NOx-Emissionen nicht immer identisch und hängen wahrscheinlich von der Aktivität oder Speichereffekt des SCR-System ab. Das Verhalten der SCR-Anlage scheint vom Prüfstandmodus abhängig zu sein, da die NOx-Verläufe in beiden Prüfstands-Betriebsarten unterschiedlich sind."

Die DUH hat nach eigener Darstellung mehrfach bei Opel nachgefragt. Opel hat dabei stets bestritten, dass eine Prüfstandserkennung in der Software enthalten ist. Nach den Hinweisen der DUH habe man eigene Tests mit einem vergleichbaren Zafira unternommen, bei denen keine Unterschiede zwischen Zwei- und Vier-Rollen-Prüfstand festgestellt wurden. Alle gesetzlichen Grenzwerte seien bei den eigenen Tests eingehalten worden. Die Behauptungen der DUH weist Opel damit zurück – womit die Sache wohl aber kaum erledigt sein dürfte. Denn sollte sich bei offiziellen Tests herausstellen, dass Opel eine Prüfstandserkennung integriert hat, droht der Marke ähnlicher Ärger wie Volkswagen. Erschwerend kommt hinzu, dass hier auch aktuelle Motoren im Verdacht sind.

Der internationale Verkehrsberater Axel Friedrich, Mitbegründer des International Council on Clean Transportation (ICCT), das den Abgas-Skandal bei Volkswagen aufgedeckt hat, äußert sich bislang vorsichtig: "Ich sehe keinen technischen Grund, warum sich die NOx-Emissionen drastisch erhöhen, wenn sich die Hinterräder mitdrehen. Ich habe keine normale technisch plausible Erklärung für das Abgasverhalten des Opelfahrzeugs." Opel wird auf der Liste der Verdächtigen vermutlich kaum lange allein bleiben. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch hat weitere Tests angekündigt. (mfz)