Das Fell des Bären

Mit einer vollmundigen Produktankündigung hat die Düsseldorfer Microtech 2000 GmbH für Schlagzeilen gesorgt: `Jahr-2000-Problem gelöst - für jedermann´. Schön wär´s.

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Geschickt aufgemacht war sie ja. Von einer patientierten Lösung des Umstellungsproblems, pragmatischer Lösung und automatischer Anpassung der Hardware-Elemente war in der Pressemitteilung die Rede. Selbst ein Zitat aus des Bundeskanzlers Wahlkampf-Briefen und ein wenig Schelte für die deutsche Forschung und Lehre hatte das mit der PR betraute TV-Journalistenbüro in Köln aufgeboten.

Da fiel es kaum auf, daß schon in der Mitteilung auch das Wort `PC´ auftauchte. Was sich erst als globaler Ausweg für ein lästiges EDV-Problem darstellte, entpuppte sich als gängige Lösung fürs PC-Zipperlein, die mit einem Preis von 250 DM pro PC vergleichsweise teuer ausfällt. Mit einer speziellen Testdiskette überprüft Microtech 2000, so auch der Name des Produkts, ob der PC den Übergang ins Jahr 2000 bewältigt. Tut er das nicht, wird ein TSR-Programm in der DOS-Autoexec.bat-Datei installiert, das im Jahr 2000 helfend eingreifen soll.

Auf die Frage, was sein Produkt von dem gut einem Dutzend vergleichbarer RTC/BIOS-Testwerkzeuge unterscheidet, führte der Hersteller weitergehende PC-Fehler an, konnte sie aber durch technische Argumente nicht untermauern. Ganz im Gegenteil schlug uns in mehreren Telefonaten erschreckende Unkenntnis entgegen, zum Beispiel die Behauptungen, jedes Betriebssystem benötige Korrekturen, und alle älteren PCs bräuchten auch noch im Jahr 2000 ständig laufende Korrektursoftware.

Wir wären gern bereit gewesen, das Programm einem Test zu unterziehen. Doch der Hersteller wollte oder konnte uns kein Testexemplar zur Verfügung stellen. Angesichts der maßlosen Aufschneiderei liegt wieder einmal die Befürchtung nahe, daß hier jemand versucht, mit der Besorgnis der Anwender eine schnelle Mark zu machen. Noch dazu verleitet die Ankündigung zur Annahme, man könne nach dem Einsatz des Werkzeugs das Jahr 2000 beruhigt abwarten.

Doch das ist mitnichten der Fall: Einen Jahr-2000-festen PC zu erkennen gehört definitiv zum läppischsten Teil des Problems. Die Hauptaufgabe liegt in der Fehlersuche in der Software, und - nicht zu vergessen - all der Elektrogeräte, in denen möglicherweise datumssensible Hard- und Software läuft - das räumte inzwischen auch Tanju Karabunar, Geschäftsführer der Microtech 2000, auf einer am 22. Februar in Bonn abgehaltenen Pressekonferenz ein.

Kostenlose PC-Test- und Korrektursoftware fürs Jahr 2000 finden c't-Leser übrigens auf http://www.heise.de/ct/Redaktion/ps/cty2k.html. (ps) (wst)