Gesundheits-Check

Ihr PC ist launisch, depressiv und die kleinste Anstrengung bringt ihn aus der Puste oder gar zum Absturz? Mit einer systematischen Diagnose finden Sie schnell heraus, welches Zipperlein ihn plagt: Oft genug sind nur eine unglückliche Konfiguration oder rivalisierende Hintergrundprogramme schuld. Manchmal jedoch erweist sich ein einziger Hardware-Bestandteil als Bremse, dessen Austausch dem Rechner ganz neuen Schwung verleiht.

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Inhaltsverzeichnis

Ein Erfolgsgeheimnis des PC ist sein modularer Aufbau. Je nach Geschmack und Geldbeutel kann man unterschiedlichste Komponenten zusammenfügen. Jede Menge Spezifikationen sollen dafür sorgen, dass auch wenig sinnvolle Konstellationen zumindest sauber funktionieren - etwa eine rasend schnelle Festplatte in einem System mit schwächlichem Prozessor, der das Potenzial der Platte gar nicht ausreizt.

Doch zeigt die Praxis, dass dem nicht immer so ist. So mag der Rechner nach einem Grafikkartentausch oder einer Speicheraufrüstung zunächst noch funktionieren und nach eini-ger Zeit aber mehren sich Systemabstürze, kryptische Bluescreens oder die Leistung bricht ein. Ist ein Bauteil defekt? Oder verträgt es sich nicht mit dem Mainboard? Vielleicht ist auch das Netzteil schuld oder ein böser Geist aus Redmond hat einen Voodoo-Zauber losgelassen.

Das übliche „Stochern im Nebel“ besteht dann darin, sich nach neuen Treibern umzusehen, Parameter im BIOS-Setup aufs Geratewohl zu variieren oder notfalls das Betriebssystem neu aufzuspielen. Vielfach schafft das in der Tat Abhilfe, aber den Ursachen der Probleme kommt man damit selten auf die Spur. Früher oder später, wenn wieder alle Anwendungen installiert sind, steht man womöglich erneut vor denselben Problemen.

Bei der Vielzahl möglicher Fehlerquellen hätte eine systematische Fehlerdiagnose dann auch nicht mehr Zeit als die möglicherweise vergebliche Neuinstallation des gesamten Systems gekostet.

Bevor man seine heilenden Hände an die Hardware legt, sollte man unbedingt alle digitalen Fotos, selbst gefilmte Videos, Texte und E-Mail-Korrespondenz - also alles, was unersetzlich ist - in Sicherheit bringen. Erstaunlicherweise sind es gerade die Profis, die diese Grundregel aus Bequemlichkeit und Zeitmangel gerne außer Acht lassen.

Die eigentliche Diagnose muss nun die Frage beantworten, ob die Probleme von der Software, einem defekten Hardware-Bauteil oder einer Inkompatibilität herrühren. Das Zauberwort heißt dann zwar doch zunächst „Neuinstallation“, aber nicht auf der Bootpartition mit dem aktuellen Betriebssystem, sondern auf einer neuen kleinen Testpartition, auf der man ein zweites jungfräuliches Betriebssystem installiert. Beim Vergleich mit dem bisherigen System wird schnell klar, ob die eigene Arbeitskonfiguration vielleicht schon so sehr mit Zusatzprogrammen verstopft ist, dass der Rechner nur noch einen Bruchteil seiner Leistung für die eigentliche Arbeit aufbieten kann.

Dann beginnt die Suche nach den Performance-Fressern, die sich gern in die Registry schmuggeln oder sich per Autostart-Ordner schon beim Booten in den Arbeitsspeicher laden lassen, egal ob sie hernach tatsächlich gebraucht werden. Häufig verbergen sich hinter den unscheinbaren kleinen Icons rechts unten in der Startleiste wahre Bremsklötze, die den später gestarteten Anwendungen den Speicher stehlen. Wie viele Ressourcen Sicherheitsdienste, P2P-Tauschprogramme und Monitor-Tools wirklich verbrauchen und wie man sie nach Bedarf elegant an- und wieder abschaltet, lesen Sie ab Seite 116.

Womöglich ist das System auch verschnupft, weil es sich mit Viren oder Trojanern infiziert hat. Deren Suche und Vernichtung würde den Rahmen dieses Schwerpunkts sprengen, weswegen wir bei derlei Problemen auf [1|#literatur] verweisen. Manche Shareware, die sich per Werbung finanziert, sorgt mit dem Laden neuer Werbeseiten für emsige Hintergrundaktivität. Die lässt sich dann beispielsweise durch Kauf einer werbefreien Version oder halt durch Verzicht auf dieses Programm abstellen.

Erst wenn man sicher ist, dass keine Fehlkonfiguration oder miteinander unverträgliche Software-Pakete schuld am Siechtum des Rechners sind, lohnt es, sich um die Hardware Gedanken zu machen und sie komponentenweise zu prüfen. Hierbei kommt man mitunter nicht um DOS-Programme oder die Reparaturwerkzeuge einer Knoppix-CD als Hilfsmittel herum. Der Artikel ab Seite 108 sollte auch eingeschworenen Mausliebhabern den Schrecken vor deren Kommandozeilen nehmen. Er beschreibt ausführlich, wie man der CPU, dem Mainboard und den Speicherriegeln richtig auf den Zahn fühlt.

Mit konkreten Ergebnissen solcher Test-Tools in der Hand hat man auch gleich einen viel besseren Stand beim Händler, wenn es um die Reklamation unverträglicher Gerätschaft geht.

Wenn sich der Rechner trotz kerngesunder Hardware und optimierter Software-Einstellungen immer noch als unzeitgemäß lahm erweist, dann lässt sich das Problem vermutlich nur noch durch eine gezielte Hardware-Transplantation beheben. Vor allem Spiele verlangen maximale PC-Leistung. Gerade in der jüngsten Zeit sind viele Titel auf den Markt gekommen, die Durchschnittsrechner überfordern. Damit meinen wir nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Doom 3 oder Half-Life 2, auch Echtzeitstrategiespiele wie Rome oder die Reihenhaus-Simulation Sims 2 stottern auf vielen Systemen. Natürlich könnte man die Programme auch mit verminderter Grafikpracht laufen lassen, aber dann verlieren sie viel von ihrem Reiz.

So reicht selbst ein 2-GHz-PC mit 512 MByte RAM und einer 150-Euro-Grafikkarte für viele Neuerscheinungen nicht mehr aus. Dabei ist ein sündhaft teurer Grafikkarten-Bolide keineswegs das Allheilmittel. Denn die für Grafikkarten-Tests gerne herangezogenen synthetischen Benchmarks und Demos geben die reale Leistung in Spielen nur unvollständig wieder. Abseits von Action-Titeln verlangen Strategiespiele und Simulationen beispielsweise mehr CPU-Leistung und Hauptspeicher, wie unsere umfangreichen realen Spieletests zeigen.

Wenn das Mainboard allerdings keine schnellere CPU unterstützt, stellt sich die Frage nach der richtigen Plattform. Die ist nicht nur für Frameraten-Jäger interessant, sondern auch für Office-Anwender, Schachfreunde und Filmliebhaber. So lässt die richtige Hauptplatine bei gleicher CPU-Leistung Schachprogramme 40 Prozent mehr Stellungen untersuchen oder sie erzeugt DivX-Filme fast doppelt so schnell.

Zu den neuesten „Killer-Applikationen“ für PCs gehören sicherlich hochaufgelöste WMV-HD-Filme, die selbst potente Hardware ins Schwitzen bringen. Doch anders als man vielleicht vermuten würde, hat die Grafikkarte so gut wie keinen Einfluss auf die Bildrate, sondern Mainboard und CPU sind die entscheidenden Leistungsträger. Zudem mutiert eine kaum bekannte Funktion namens AGP Fast Writes zum leicht übersehbaren Stolperstein, wie unser Artikel rund ums richtige Hardware-Aufrüsten ab Seite 120 zeigt.

Es spart also letztlich nicht nur Zeit, sondern auch bares Geld, sich mit solchen Details auseinander zu setzen, damit der Computer hernach rundum optimal läuft. (hag)

[1] Jürgen Schmidt, Unter fremder Kontrolle, Hintertüren und Spionageprogramme, c't 3/04, S. 118

"PC-Diagnose und Optimierung"
Weitere Artikel zum Thema PC-Diagnose und Optimierung finden Sie in der c't 26/2004:
Hardware-Probleme selbst beheben S. 108
Windows mit Bordmitteln Beine machen S. 116
PC-Hardware richtig aufrüsten S. 120

(es)