Anschluss gefunden

Die Konkurrenten Firefox, Safari und Opera knapsen dem Platzhirsch unter den Windows-Browsern, dem Internet Explorer, kontinuierlich Marktanteile ab – wohl auch, weil sie wesentlich konsequenter weiterentwickelt werden. Mit Release 8 des Internet Explorer findet Microsoft aber wieder Anschluss an die erste Browser-Liga, wie die Feature-vollständige Beta 2 zeigt.

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Zu den vielen Verbesserungen im Internet Explorer 8 zählen neben Selbstverständlichkeiten, die man bereits beim Vorgänger erwartet hat, auch echte Alleinstellungsmerkmale. WebSlices etwa helfen dem Anwender, auf Detailinformationen innerhalb von Webseiten schnell zuzugreifen, zum Beispiel auf Börsenkurse oder die aktuelle Gebotshöhe bei eBay-Versteigerungen. Der Webdesigner kennzeichnet dafür Bereiche seiner Seiten durch bestimmte class-Attribute als WebSlices. Der Benutzer kann diese in die Favoritenleiste einhängen.

Öffnet der Benutzer einen Link aus einer Seite in einem neuen Tab, betrachtet der Browser die Tabs als zusammengehörig und kennzeichnet sie in der gleichen Farbe. Auf diese Weise sollen Benutzer bei vielen geöffneten Seiten zusammengehörige Tab-Gruppen einfach identifizieren können. Der Microsoft-Browser kann jetzt wie etwa Opera und Firefox (versehentlich) geschlossene Tabs und Sitzungen wiederherstellen.

Auch für andere Neuerungen hat sich Microsoft von anderen Browsern inspirieren lassen. Einen Modus für privates Surfen etwa, bei dem der Browser Cookies, Historie und Formulardaten nicht speichert, bietet auch Safari. Im Internet Explorer 8 nennt er sich InPrivate Browsing. Wie bei Firefox gibt die Suchfunktion Empfehlungen, während der Benutzer den Suchbegriff noch eintippt. Dazu zeigt der Internet Explorer sogar Bilder an, sofern der Suchanbieter dies unterstützt. Die Adressleiste präsentiert während der Eingabe passende Webseiten aus der History und den Favoriten sowie RSS-Feeds, wofür sie sowohl die URLs als auch die Titel der Seiten durchforstet. Überfällig war auch die inkrementelle Suche im Text der Seite.

Sogenannte Accelerators vereinfachen es, in Webseiten gefundene Informationen weiterzuverwenden. Der Benutzer kann etwa mit der Maus markierten Text per Kontextmenü an Suchmaschinen weitergeben oder auf Live Spaces bloggen. Microsoft listet auf der Homepage etliche weitere solcher Akzeleratoren, die sich per Mausklick in den Browser einbetten lassen.

Eine Reihe von Neuerungen soll das Surfen mit dem Internet Explorer noch sicherer machen, insbesondere vor Phishing-Attacken. Die Adressleiste hebt zum Beispiel jetzt die Domain hervor. Das erschwert Tricksereien mit verschleierten Adressen auf Phishing-Servern. Wenn eine Seite ein Skript von einer anderen Site nachlädt, untersucht eine Heuristik es auf Gefährlichkeit und blockiert es gegebenenfalls. Dies soll Cross-Site-Scripting-Angriffe erschweren.

Browser-Tabs repräsentieren jetzt offenbar eigene Prozesse – stürzt einer ab, reißt er nicht mehr den Rest des Browsers mit in den Abgrund. Bei der Geschwindigkeit muss der Microsoft-Browser bis zur finalen Version noch zulegen. So war er in unserem ausführlichen Vergleich langsamer als das gesamte restliche Feld (siehe S. 182 in c't 19/08).

Mit dem Internet Explorer 8 sollen sich wesentlich geschmeidigere Ajax-Anwendungen entwickeln lassen. So behandelt er Änderungen der Eigenschaft windows.location.hash als Navigation. Man kann jetzt also auch wie bei anderen Webseiten in Ajax-Anwendungen die Vor- und Zurück-Buttons benutzen, was bisher nicht möglich war und für Irritationen unter den Benutzern sorgte. Durch die Nutzung von DOM Storage aus (X)HTML5 soll der Internet Explorer auch große Datenmengen lokal speichern können. Da Entwickler durch neue Connectivity-Events jederzeit abfragen können, ob der Browser online ist, sollen sich Anwendungen wie mit Google Gears schreiben lassen, die sowohl online als auch offline funktionieren.

Entwickler finden jetzt mächtige Designerwerkzeuge vor, mit denen sie den Quelltext, die CSS-Dateien und JavaScripts von Webseiten analysieren und auch testen können. So können Web-Designer etwa im DOM-Baum Attribute verändern oder mit einem JavaScript-Debugger Fehler in Skripten aufspüren.

Einen großen Sprung macht der Microsoft-Browser bei der Unterstützung von Standards [2]. Durch die vollständige CSS-2.1-Unterstützung etwa berei-tet ihm der Acid2-Test keine Schwierigkeiten. Beim Acid3-Test dagegen kommt er allerdings mangels SVG-Kenntnissen nur auf 20 von 100 möglichen Punkten. Neben der per Voreinstellung aktiven, komplett neuen Rendering Engine schlummert auch der Vorgänger im Internet Explorer 8. Er lässt sich mit dem Menübefehl „Tools\Compatibility View“ aktivieren, falls eine Seite mit der neuen Engine nicht funktionieren sollte.

Alles in allem ist der Internet Explorer 8 ein gelungener Wurf, mit dem Microsoft den einen oder anderen abgewanderten Nutzer zurückerobern könnte.

[1] Jo Bager, Der Nachzügler holt auf, Mit Release 7 wird Internet Explorer wieder halbwegs konkurrenzfähig, c't 22/06, S. 186

[2] Herbert Braun, Erstinspektion, Mehr als HTML: Die Engines der neuen Browser, c't 9/08, S. 140

Soft-Link (jo)