Ein-Watt-Verordnung

Ab 2014 dürfen PCs und Notebooks für Privatleute sowie Haushaltsgeräte, elektrische Spielwaren und Unterhaltungselektronik im Bereitschaftsmodus höchstens noch ein Watt aus dem Stromnetz ziehen.

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Mit der Verordnung Nummer 1275/2008 zur sogenannten Ökodesign-Richtlinie begrenzt die Europäische Kommission die Leistungsaufnahme von elektrisch betriebenen Geräten für private Haushalte. In zwei Stufen, die 2010 und 2014 in Kraft treten, muss die Leistungsaufnahme im vermeintlichen „Aus“-Zustand sowie in einem genau definierten Bereitschaftszustand zunächst auf 1 bis 2 Watt und schließlich auf 0,5 bis 1 Watt sinken. Dadurch soll eine Menge an elektrischer Energie eingespart werden, die ungefähr dem jährlichen Verbrauch des Landes Schweden entspricht – ein Beitrag zu den Klimaschutzzielen der EU.

Rechtliche Basis ist die EU-Richtlinie 2005/32/EG für Energy-using Products (EuP) , die in Deutschland als Energiebetriebene-Produkte-Gesetz (EBPG) seit März 2008 gilt. Die zugehörigen EU-Verordnungen, darunter das vieldiskutierte „Glühlampenverbot“, gelten laut EBPG hierzulande unmittelbar. Für die Information der Öffentlichkeit über das EBPG sowie die Koordination der Kommunikation der mit seiner Überwachung betrauten Behörden ist die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) zuständig.

Die EU-Verordnung 1275/2008 nennt einige Geräte ausdrücklich, darunter Waschmaschinen, Geschirrspüler, Kochgeräte, Haartrockner, Radio- und Fernsehgeräte, Heimkinosysteme, Musikinstrumente, Modelleisenbahnen, Sportgeräte. Andere sind implizit erfasst, etwa „überwiegend zum Einsatz im Wohnbereich bestimmte informationstechnische Geräte“ – sprich: Heimrechner, aber eben keine Bürocomputer oder Server. Computer für die gewerbliche Nutzung sollen möglicherweise über separate Regelungen erfasst werden, außerdem greifen hier die Energy-Star-Vorgaben schon recht umfassend. Bei der Definition von Heimcomputern lehnt sich die EU-Verordnung an die Vorgaben an, die die EN 55022:2006 für Klasse-B-Geräte macht. Offenbar ebenfalls gemeint sind beispielsweise Drucker, Monitore, Netzwerkkomponenten, externe Festplatten und sonstige Peripheriegeräte.

Die Verordnung spezifiziert zwei Betriebszustände und die zulässigen Grenzwerte sehr genau. Ist ein Gerät „aus“, so stellt es keinerlei Funktionen bereit, mit Ausnahme der Einschaltmöglichkeit. Dabei berücksichtigt die Verordnung, dass manche Schaltungen zur Leistungsfaktorkorrektur von Netzteilen etwas Strom durchlassen. Daher dürfen „abgeschaltete“ Geräte ab Januar 2010 noch 1 Watt aufnehmen, ab 2014 ist nur noch die Hälfte zulässig – ansonsten dürfen sie das CE-Zeichen nicht mehr tragen und in der EU nicht „in Verkehr gebracht“ werden.

Komplizierter sieht es beim Bereitschaftszustand aus, in dem manche Geräte ja noch genau diesen Zustand signalisieren (etwa über eine LED) oder Zusatzinformationen wie die Uhrzeit anzeigen. Im letztgenannten Fall dürfen sie ab 2010 noch 2 Watt schlucken, sonst 1 Watt, wiederum halbieren sich die Grenzwerte 2014.

Der auch als ACPI S5 bezeichnete Soft-Off-Zustand von Computern dürfte ziemlich genau dem „Aus“-Zustand laut Verordnung entsprechen. Die Standby-Modi ACPI S3 (Suspend-to-RAM) und S4 (Ruhezustand/Hibernation) unterscheiden sich aber vom spezifizierten „Bereitschaftszustand“, weil sich manche Rechner beispielsweise zeitgesteuert sowie per Wake-on-LAN wecken lassen oder Fernwartungsfunktionen anbieten. Allerdings müssen alle Geräte, die die Verordnung erfasst, ab 2014 einen vom Nutzer einschaltbaren Betriebsmodus anbieten, in welchem sie höchstens 1 Watt aufnehmen. Dieser muss ab Werk voreingestellt sein und mindestens innerhalb einer gewissen Zeitspanne nach dem Ausschalten automatisch greifen.

Eine Verordnung für die oft ineffizienten externen (Stecker-)Netzteile ist bereits in Arbeit. Ein typisches 65-Watt-Laptop-Netzteil darf demnach in einigen Jahren höchstens noch 0,5 Watt im Leerlauf schlucken und muss 87 Prozent Wirkungsgrad erreichen, Netzteile mit bis zu 51 Watt müssen sich ohne Last mit 0,3 Watt begnügen.

Kein einziger der sieben ab Seite 112 vorgestellten Büro-PCs und keiner der acht in c't 1/09 (ab S. 128) beschriebenen Heimrechner würde im Soft-Off-Zustand den Grenzwert des Jahres 2010 schaffen, aktuelle Net- und Notebooks (siehe S. 90 in c't 3/09 und S. 110 in c't 2/09) stehen schon besser da. Die PC-Firmen haben also noch einiges zu tun. Auf die Hersteller und Importeure von Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik kommen erhebliche Anstrengungen zu. Einige Geräte dürften in ihrer aktuellen Bauform vom Markt verschwinden. (ciw)