Wahlprogramme unter der Lupe (5): SPD

Die SPD tritt unter dem Motto "Vertrauen in Deutschland" an. Das Wahlprogramm lobt zuvörderst das Erreichte und den Kanzler Gerhard Schröder in den höchsten Tönen.

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Von
  • Detlef Borchers

Die SPD tritt unter dem Motto "Vertrauen in Deutschland" an. Die ersten 24 Seiten des Wahlprogrammes loben das Erreichte und Kanzler Gerhard Schröder in den höchsten Tönen.

Forschung und Spitzentechnologieförderung

Die SPD will die Wissensgesellschaft forcieren und setzt dabei auf eine ökologische Modernisierung, in der die Nano-, Opto-, Bio- und Gentechnologie Vorrang haben. Die IT wird dabei nicht erwähnt. Der Anteil der Forschung und Entwicklung am Bruttosozialprodukt soll bis 2010 auf 3% ausgebaut werden. Neben der Exellenzinitiative, die 10 Universitäten besonders fördert, möchte die SPD zusätzlich 1,9 Millarden Euro in die Spitzenforschung stecken, damit die Hochschulen den Sprung in die Weltklasse schaffen (S. 25). Als Partner für Innovation will man innovative Mittelständler mit besonderen Krediten fördern, die 2% unter dem marktüblichen Zins liegen (S. 27). Die IT-Branche findet keine weitere Erwähnung außer bei der Frauenförderung, die in diesem Bereich besonders unterstützt werden soll (S. 34). Damit unterscheidet sich das Programm erheblich von früheren Wahlprogrammen, in denen die Förderung der IT einen hohen Stellenwert besaß (Green-Card Initiative, Bund Online 2005).

Verbraucherschutz

Beim Verbraucherschutz wird die neue Kriminalität genannt, unter die das Internet und der E-Commerce fallen. Gegen diese Kriminalität sollen wirksame Bekämpfungsinstrumente entwickelt werden (S. 53) heißt es im Programm. Patientenbeauftragte sollen weiterhin die Rechte der Patienten im Gesundheitswesen (elektronische Gesundheitskarte) stärken (S. 58). Eine Transparenz und Regulierung von Offshore-Firmen soll verwirklicht werden (S. 61). Außerdem soll ein wirksames Verbraucherinformationsgesetz beschlossen werden (S.42). Insgesamt ist unter Innenminister Schily die einst angekündigte grundlegende Reform des Datenschutzrechtes links liegen geblieben. Auch in Einzelfragen reagiert man kaum. So empfahl SPD-Politiker Jörg Tauss der Industrie "einen intelligenteren strategischen Ansatz" bei der Einführung der RFID-Chips im Einzelhandel.

Geistiges Eigentum

Zum geistigen Eigentum im digitalen Zeitalter werden im Wahlprogramm selbst keine Aussagen gemacht. Bei der 1. Reformstufe des Urheberrechtsgesetzes hatte die SPD mit dem Paragraphen 52a eine Ausnahmeregelung für die Wissenschaft durchgesetzt. Bei den bisherigen Entwürfen für eine weitere Novellierung des Urheberrechts fuhr die SPD-Justizministeirn Zypries eine eher uneinheitliche Linie; Streit gibt es in der Duiskussion beispielsweise über Vergütungungspauschalen versus DRM, Bagatellklauseln für Tauschbörsennutzer sowie der Auseinandersetzung um die Privatkopie. Zerstritten präsentiert sich die Partei bei der Frage nach den Softwarepatenten, wo Justizministerin Zypries einen deutlich anderen Kurs fährt als IT-affine Abgeordnete wie Jörg Tauss.

Innere Sicherheit

Bei der inneren Sicherheit spielt die Schutzsphäre des Bürgers im Wahlprogramm keine entscheidene Rolle. Hier steht die SPD ganz im Banne der sehr restriktiven Auslegungen des SPD-Bundesinnenministers Otto Schily. Stattdessen ist im Programm von einer Stärkung der Steuerungs- und Koordinierungskompetenz des Bundes im Kampf gegen den Terror die Rede (S. 53), wie es mit dem neuen Lagezentrum zur Fußball-WM bereits umgesetzt wird. Das Wahlprogramm erwähnt dazu den Aufbau des weltweit größten Digitalfunksystems, für das Innenminister Schily mit der Ankündigung eines Rumpfnetzes Vorarbeit leisten wollte. Außerdem soll der Datenaustausch von Polizei und Justiz in Europa verbessert werden.

Der biometrische Reisepass, eine der Errungenschaften der rotgrünen Koalition, wird im Programm nicht erwähnt, aber von der Parteilinken moderat kritisiert. Ein ähnliches Bild liefert die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung, die nicht im Wahlprogramm auftaucht. Sie wird von der SPD getragen, mit einer leichten Kritik von dem bereits erwähnten Jörg Tauss.

Medien und Internet

Das Wahlprogramm macht keine Aussagen zur Medien- und Internetpolitik, nur eine allgemeine Aussage zum Festhalten am öffentlich-rechtlichen Rundfunk (S. 50), zu der auch die Internetpräsenz der Sendeanstalten gehört. Die Kultur soll als Staatsziel im Grundgesetz verankert werden (S. 49). Mit dem gerade noch rechtzeitig vor den Neuwahlen verabschiedeten, aber wegen einiger Ausnahmeregeln bereits in die Kritik geratenen Informationsfreiheitsgesetz soll das Informationsrecht der Bürgergesellschaft gestärkt werden. Nicht unerwähnt bleibe sollte hier die tiefe Kluft innerhalb der SPD, die auf der einen Seite mit dem nordrhein-westfälischen Politiker Jürgen Büssow Web-Sperrungen und Filtersysteme propagiert, diese aber auf der anderen Seite mit Jörg Tauss ablehnt.

Sonstiges

Informations- und Kommunikationstechnologien werden als treibende Faktoren beim Nebeneinander verschiedener Verkehrsträger genannt (S. 39). Sie sollen gefördert werden. Die durchaus rege Debatte in der SPD um die Telekommunikationsüberwachung, die mit einer Entschädigungsleistung für mitspeichernde Provider bizarre Züge annahm, ist im Wahlprogramm ausgespart worden.

In der Serie "Wahlprogramme unter der Lupe" auf c't aktuell erschienen bisher:

(jk)