Freie Bahn im EU-Parlament für Vorratsspeicherung von Fluggastdaten

Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat für die geplante Richtlinie gestimmt, wonach Flugpassagierdaten fünf Jahre lang aufbewahrt und ausgewertet werden sollen. Er bestätigt damit einen Deal mit dem Rat.

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Licht im EU-Parlament für Vorratsspeicherung von Fluggastdaten

(Bild: dpa)

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Eine Mehrheit aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen hat am Donnerstag im Innenausschuss des EU-Parlaments einen Richtlinienentwurf abgesegnet, mit dem in Europa künftig nach US-Vorbild Fluggastdaten in nationalen Systemen gesammelt, ausgewertet und untereinander ausgetauscht werden sollen. 38 Abgeordnete stimmten für das heftig umstrittene Vorhaben, 19 dagegen, zwei enthielten sich.

Den jetzt bestätigten "Kompromiss" hatte zuvor der rechtskonservative Berichterstatter Timothy Kirkhope mit Vertretern der Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission ausgehandelt. Er geht deutlich über die Version hinaus, die die Innenpolitiker des EU-Parlaments im Juli zunächst befürwortet hatten. So sollen Passenger Name Records (PNR) nun sechs Monate unmaskiert und danach viereinhalb Jahre ohne direkten Personenbezug aufbewahrt werden. Die "maskierten" Daten dürfen unter Umständen "re-identifiziert" werden. Zudem sollen neben transkontinentalen "freiwillig" auch innereuropäische Strecken erfasst werden. Der EU-Rat verständigte sich am Freitag darauf, dass alle Mitgliedsstaaten diese Option nutzen werden.

Erfasst werden sollen rund 60 Datenkategorien, zu denen neben Name, E-Mail-Adresse, Telefon-, Konten- und Kreditkartennummern auch Essenswünsche gehören. Darauf dürfen Sicherheitsbehörden bei Terrorismus und anderen schweren Straftaten zugreifen.

Der EU-Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli hatte vorab im Innenausschuss gewarnt, dass "die erste sehr breit angelegte und unterschiedslos erfolgende Sammlung personenbezogener Daten in der Geschichte der Union angelegt würde". Millionen unverdächtiger Reisender würden davon potenziell berührt, das gehe noch über die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten hinaus.

Dabei habe der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil gegen diese Form der Vorratsdatenspeicherung "hohe Hürden" aufgebaut. Die EU-Gremien hätten aber nicht nachgewiesen, dass es erforderlich und verhältnismäßig sei, ungezielt und anlasslos Datenberge anzuhäufen. Informationen über die Attentäter der jüngsten Pariser Anschläge hätten bereits ohne die Fluggastdatenspeicherung bei Fluglinien und nationalen Behörden vorgelegen, seien aber nicht genutzt worden.

Die Grünen hatten vergeblich durchzusetzen versucht, dass PNR deutlich kürzer gespeichert und nur bei "Risikoflügen" wie zum Beispiel aus der Türkei oder Syrien erfasst werden sollten. Cornelia Ernst von den Linken bezeichnete es als "unerträglich", dass "die rechte Mehrheit reflexartig noch die nutzlosesten Überwachungsmaßnahmen durchwinkt".

Der Verein "Digitale Gesellschaft" monierte, dass die EU "mit der Totalüberwachung des Reiseverkehrs einen gefährlichen Irrweg" einschlage. Die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (Edri) sprach davon, dass die Volksvertreter "die denkbar schlechteste Botschaft zur schlechtesten Zeit" aussendeten. (anw)