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Was war. Was wird. Vom Bezahlen und bezahlt werden.

Es gibt viele Möglichkeiten, mit wem man die ruhigen Tage verbringen könnte. Dumpfbacken, Brandstifter (ob geistig oder real) und wehleidige Kleingeister gehören nicht dazu, da wäre Hal Faber die Gesellschaft eines Waldmenschen lieber.

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Orang Utan, Affe, Menschenaffe
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Der Tag, vor dem der große Christ
zur Welt geboren worden ist
war hart und wüst und ohne Vernunft.
Seine Eltern, ohne Unterkunft
fürchteten sich vor seiner Geburt
die gegen Abend erwartet wurd.
Denn seine Geburt fiel in die kalte Zeit.
Aber sie verlief zur Zufriedenheit.
Der Stall, den sie doch noch gefunden hatten
war warm und mit Moos zwischen seinen Latten
und mit Kreide war auf die Tür gemalt
dass der Stall bewohnt war und bezahlt.

Auch ein Weihnachtsleuchter ...

Mit Bertolt Brecht Weihnachten zu verbringen, ist das Schlechteste nicht in kriegerischer Zeit. Denn neben den vielen guten Wünschen ist es in dieser unserer Gesellschaft wichtig, dass bezahlt wird, was fremde Freunde brauchen, ob auf Amazon oder anderswo. Denn sonst ist es mit der einfachen Geste, mit der wunderbaren Gabe zur Gastfreundschaft schnell vorbei, nicht nur an Weihnachten. Der Weihnachtstext über das Geben in der Süddeutschen Zeitung ist gewissermaßen der Kontrapunkt zum überaus freundlichen, von keiner Kritik getrübten Loblied auf den genialen Jeff "Captain Future" Bezos in der Weihnachtsausgabe des zugehörigen Magazins. Der Mann, der nicht sonderlich unter Nadelstichen zu leiden hat und mit seinem Raketenprojekt bis zum Rand des Weltraums fliegen kann, musste in dieser Woche seinem Rivalen Elon Musk mit dem gelungenen Flug von SpaceX   gratulieren und verschwendete dafür sogar ein Leerzeichen.

*** Achja, gratulieren können unsere treuen Forums-Leser besser, wie man an den Weihnachtsgrüßen von epic fail sehen kann:

"War doch schon oft so, dass alle Leute mächtig heiße Luft verbreiten, doch der heise-Forist, der Eine Welche, der Erlauchte, der RobinHood der Informationstechnologie, der Bill Gates im Trump-Universum, das A & das O der universellen Logik, der R2D2 unter uns analogen Einzellern, der Geschmacksneutrale, der Meister Proper unter den Punks, der Diego Maradona unter den Gotteshändern, der Weihnachtsmann, der an Ostern die Eier versteckt, der Hanuta unter den Duplos, der Raider unter uns Twix-Schokoriegeln, der Dreizehnte vom dreckigen Dutzend, das Handschuhfach im autonomen Fahrzeug von Geohot, der Schatz im Silbersee, DER weiß es besser."

*** So ist es. Eigentlich könnte die kleine Wochenschau mit dieser schönen Gewissheit aufhören, doch gibt es unschöne Zahlen zum Fremdenhass und über die Hasskommentare im Internet, die vom künftigen OSZE-Vorsitzenden Frank-Walter Steinmeier als geistige Brandstiftung angeprangert wurden. 850 Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte, von den Schmierereien ganz zu schweigen, das ist ein Geben der anderen Art. Wie schrieb Bert Brecht in den Flüchtlingsgesprächen:

"Eine Zeit lang hat's ausgesehn, als ob die Welt bewohnbar werden könnte, ein Aufatmen ist durch die Menschen gegangen. Das Leben ist leichter geworden. Der Webstuhl, die Dampfmaschine, das Auto, das Flugzeug, die Chirurgie, die Elektrizitåt, das Radio, das Pyramidon kam und der Mensch konnte fauler, feiger, wehleidiger, genusssüchtiger, kurz glücklicher sein. Die ganze Maschinerie diente dazu, dass jeder alles tun können sollte. Man rechnete mit ganz gewöhnlichen Leuten in Mittelgröße. Was ist aus dieser hoffnungsvollen Entwicklung geworden? "

*** Statt mittelgroßen Menschen haben wir wehleidige Kleingeister in einem Deutschland, in dem die, die nicht fliehen konnten, besonders laut gegen Flüchtlinge hetzen. Dazu kommen "Wirtschaftsbosse", die von Brandbeschleunigern reden und damit die Wirkung von "Flüchtlingsströmen" meinen. Natürlich darf dabei die Klage zum weichen Euro nicht fehlen, ebenso die düstere Zukunftsprognose vom kommenden Schicksalsjahr und zur Zukunft von VW. Wobei dieser Konzern ein Auslaufmodell ist, wie Tesla nach seinem OTA-Update zeigt, komplett mit rauflustiger Stimmung im Heise-Forum. Dabei findet der hinter dem Getue um Big Data liegende Trend nur wenig Beachtung: Mittelgroße Manager werden im großen Stil entlassen und durch IT-Systeme ersetzt, die fortlaufend Daten optimieren und unkündbar sind. Die ganze Daten-Maschinerie wird die ganze Maschinerie stellen, bis die Blase platzt, wieder einmal.

Was wird.

"@leitmedium kommst du zum #30c3?", mit diesem harmlosen Tweet begann eine Geschichte, die es in sich hat. Weil er nicht antwortete, wurde ein Netizen und seine Familie erbarmungslos verfolgt, von einem Hacker, der in seinen Taten nichts weiter Schlimmes sah. Nur ein bisschen Sicherheit testen, wollte das Mitglied des Chaos Computer Clubs, der c-Base und anderer Netzszenen. "Ein Spiel von Computerfreaks, sach ich mal", so sah er die Sache, ein Spiel, dass für den "Gegenspieler" acht Monate Angst bedeutete, für seine Frau das schwerste Jahr ihres Lebens. In ein paar Jahren werden ihre Kinder drüber schreiben, was sie vom Stalking mitbekommen haben, denn die Schrift stirbt nicht aus. Kurz nachdem diese kleine Wochenschau online geht, beginnt in Hamburg der 32C3, wo "Ethics, Society & Politics" von der Failosophy und dem Entertainment eingerahmt ist. Die Frage einer zeitgemäßen Hacker-Ethik, die Menschen wie den stalkenden Hacker erreichen kann, steht wieder einmal im Raum beim Spiel von Computerfreaks, die eine Abschussliste witzig finden. "Es gilt also Regeln zu finden, die zwischen Anspruch und Wirklichkeit vermitteln. Regeln oder besser Leitlinien, die für jedermann einsichtig sind und ganz selbstverständlich befolgt werden." Das wurde im Jahr 1988 in Hamburg geschrieben und ist mit einigen Nachschlägen auch im Jahr 2016 aktuell.

Am Rande des Hacker-Kongresses wird Im Rausch der Daten aufgeführt, jener Film über die große EU-Datenschutzreform des Jahres 2015, der uns erzählt, wie die europäische Politik tickt und von Lobbyverbänden getickt wird. Dass im Namen des Datenschutzes Informationsverhinderung betrieben wird, wird das große Thema im Wahl-Jahr 2016 sein, nicht nur in Baden-Württemberg. Dabei muss man nicht einmal die ganz große Keule der Geschichtsfälschung schwingen, das kleine, rund 40.000 Euro teure Knüppelchen tut's auch, mit dem Abgeordnetenwatch behindert wurde. Die offengelegte Lobbyisten-Liste verdiente sich zur Weihnachtszeit ein ganz besonderes Schmankerl, weil die Bundestagsverwaltung nicht mehr im Jahre 2016 die Gerichte bemühen will. Wie anders tönte man doch ganz am Anfang dieses nun abtretenden Jahres, als von dem Schutz der Persönlichkeit geschwafelt wurde, von Sozis wie von den "Christlichen". Womit der Lobbyismus nicht verschwunden ist, der sogar außerparlamentarisch funktioniert, wenn die Piratenpartei "die eine oder andere Telefonnummer von fähigen Sicherheitsexperten aus dem Umfeld des CCC, des AK Vorrat, von Digitalcourage oder der FSFE" herausgeben will.

Ein geschalteter Beweis ...

2016? Aber Hallo, ganz so weit ist es noch nicht. Das traditionelle Jahresend-WWWW mit all den Statistiken, Rück- und Ausblicken steht noch an, ehe am Rande der norddeutschen Tiefebene nach den Boole-Feiern und dem Ada-Geburtstag ihr binär rechnender Urahn an der Reihe ist und der ganz große Leibniz-Rummel losgehen kann: "Während Gott rechnet und denkt, ereignet sich die Welt." (jk)