CDU: Verfassungsschutz soll auf Vorratsdaten zugreifen können

Der Bundesvorstand der CDU setzt sich dafür ein, dass auch Verfassungsschutzbehörden die gespeicherten Daten auswerten dürfen. Ein CSU-Minister will zudem soziale Netzwerke einbeziehen.

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Vorratsdaten

(Bild: dpa, Ole Spata/Archiv)

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Wenige Tage, nachdem das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten ist, fordern vertreter der Union bereits eine Ausweitung der Befugnisse. So macht sich der Bundesvorstand der CDU dafür stark, die Zugriffsmöglichkeiten für Sicherheitsbehörden umfangreich auszudehnen. Künftig sollten die verdachtsunabhängig gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten "auch Verfassungsschutzbehörden nutzen können", heißt es in der "Mainzer Erklärung" der CDU-Spitze.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte im April noch betont, dass in seinen Leitlinien für die Vorratsdatenspeicherung keine Abrufmöglichkeiten für das Bundesamt für Verfassungsschutz oder andere Geheimdienste vorgesehen seien. Auch die Bundesländer sollten in ihren Polizeigesetzen einen Zugriff nur bei "tatsächlichen Anhaltspunkten für bestimmte konkrete schwerste Gefahren" erlauben können. Nur unter diesen Vorgaben hätten die Sozialdemokraten dem Kompromiss mit der Union zugestimmt.

Doch die CDU/CSU will sich mit dem Erreichten offenbar nicht zufrieden geben. Der CDU-Vorstand nimmt mit seiner Forderung einen Beschluss des Parteitags der Konservativen von Mitte Dezember in einer "Karlsruher Erklärung zu Terror und Sicherheit, Flucht und Integration" auf, der damals in der aufschäumenden Flüchtlingsdebatte größtenteils unterging.

Der bayerische Justizminister Winfried Bausback geht laut BR noch einen Schritt weiter. Angesichts der Vorfälle im Rheinland und in Hamburg an Silvester rief der CSU-Politiker dazu auf, "dass wir uns mit digitaler Spurensicherung in Hinblick auf Textkommunikation nochmal intensiv auseinandersetzen". Die Vorratsdatenspeicherung solle auf soziale Netzwerke wie Facebook und deren Messaging-Dienste, also auch auf Inhaltsdaten ausgeweitet werden. Social Media stärker zu überwachen könne helfen, etwa Nötigungsdelikte zu ermitteln oder gar zu verhindern.

Für den Versuch, die laut Bundesverfassungsgericht massiv in die Grundrechte eingreifende Vorratsdatenspeicherung zur "digitalen Spurensicherung" umzudeuten, hatte die CSU voriges Jahr den Big Brother Award in der Kategorie "Neusprech" erhalten. Davon unbeeindruckt brachte die bayerische Staatsregierung auf Initiative von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) jüngst einen Gesetzentwurf auf den Weg, wonach das Landesamt für Verfassungsschutz als erste Geheimdienstbehörde bald auf Vorratsdaten zugreifen können soll.

Die Bundesregierung will den Vorstoß nicht bewerten: "Dies gebietet der Respekt zwischen Bund und Ländern in der föderalen Ordnung", erklärte das federführende Bundesjustizministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion des Bundestags. (vbr)