Amazon macht Rekordgewinn, Aktie macht Talfahrt

Amazon.com hat im vierten Quartal den Umsatz deutlich steigern können. Der Reingewinn fiel mehr als doppelt so hoch aus. Trotzdem verlor die Aktie schlagartig fast ein Siebtel ihres Wertes.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 58 Kommentare lesen
Katze lugt aus Amazon-Schachtel

(Bild: Stephen Woods CC-BY 2.0)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Amazon.com, Inc. hat Donnerstagabend über ein ausnehmend erfolgreiches Weihnachtsquartal berichtet. Der Umsatz konnte trotz des starken US-Dollars im Jahresabstand um 22 Prozent auf 35,75 Milliarden Dollar gesteigert werden. Der Betriebsgewinn stieg um 88 Prozent auf 1,11 Milliarden Dollar, der Nettogewinn gar um 125 Prozent auf 482 Millionen Dollar. Trotzdem sackte die Aktie im nachbörslichen Handel um 13,4 Prozent ab.

Finanzanaylsten hatten im Schnitt zwar nur einen minimal höheren Umsatz, aber einen um 56 Prozent höheren Reingewinn erwartet. Andererseits hat Amazon jetzt schon das dritte Quartal in Folge Reingewinn erzielt, Tendenz steigend. Das ist eine Seltenheit für den Online-Händler, für dessen Gründer Jeff Bezos Wachstum wichtiger ist als kurzfristige Gewinne.

Amazons Quartalsumsätze

(Bild: Amazon)

Die Zahl der umsatzbringenden Kundenkonten erreichte zum Jahresende 280 Millionen, ein Plus von gut zehn Prozent. Die Zahl der bezahlten Prime-Abonnements ist sogar um 51 Prozent gestiegen, wobei aber keine absolute Zahl verraten wurde. Andererseits sind auch die Kosten für Logistik sowie für "Technik und Inhalte" deutlich gestiegen. Das Heer der Mitarbeiter ist sogar um 50 Prozent auf mehr als 230.000 angewachsen.

Der nachbörsliche Handel dürfte unter dem Einfluss unsicherer Aussichten gelitten haben. "Die Investitionen werden wie Ebbe und Flut sein, aber unser Fokus auf Kostensenkung und eine Verbesserung des Kundenerlebnisses ist konstant", sagte Amazons Finanzchef Brian Olsavsky in der üblichen Telefonkonferenz mit Finanzanalysten Mittwochabend.

"Investitionen wie Flut und Ebbe" sind das Gegenteil einer verlässlichen Prognose. Selbst für das laufende Quartal wagte Olsavsky keine handfeste Prognose. Es gäbe zu viele unwägbare Faktoren. In den offiziellen Unterlagen wird ein Betriebsgewinn "zwischen 100 Millionen und 700 Millionen Dollar" in Aussicht gestellt. Vor einem Jahr waren es 255 Millionen.

Amazons Betriebsgewinne

(Bild: Amazon)

Der Konzern hat also offenbar keine Ahnung, ob es im laufenden Quartal bergauf oder bergab geht. Immerhin soll der Umsatz wachsen, um 17 bis 28 Prozent. Auch das ist eine stattliche Bandbreite. Trotz des Rekordgewinns beschränkt sich die Umsatzrendite auf bescheidene 3,1 Prozent. Und nach wie vor zielt Amazon nicht auf Gewinne. "Langfristig" soll der Free Cash Flow "optimiert" werden – zu mehr will sich der Händler nicht verpflichten.

60 Prozent des Quartalsumsatzes hat Amazon in Nordamerika erzielt, 33 Prozent auf anderen Erdteilen. Vor einem Jahr lag das Verhältnis noch bei 59 zu 36. Das Geschäft außerhalb Nordamerikas ist also deutlich langsamer gewachsen. Das erklärt sich durch den starken Kurs des US-Dollars.

Der Rest entfällt auf die Amazon Web Services (AWS) genannten Clouddienste, deren Umsatz nicht auf die Regionen aufgeschlüsselt wird. Diese Sparte hat beim Umsatz 69 Prozent zugelegt und sich damit von rund fünf auf rund sieben Prozent des Gesamtumsatzes hochgearbeitet.

Das klingt erst einmal nach wenig. Aber die Umsatzrendite der AWS von rund 29 Prozent lässt den Online-Handel blass aussehen. Der brachte in Nordamerika nicht einmal fünf Prozent auf die Waage, und international blieb gar nur eine schwarze Null.

Im Gesamtjahr 2015 hat Amazon 107 Milliarden US-Dollar umgesetzt (+20 Prozent). Der Betriebsgewinn erreichte 2,2 Milliarden Dollar, was mehr als das Zwölffache von 2014 ist. Nach Abzug von Steuern drehte der 2014 erlittene Verlust von 241 Millionen in einen 2015 erzielten Nettogewinn von 596 Millionen US-Dollar.

(ds)