MWC 2016: Ericsson demonstriert Gigabit-LTE

Der Netzwerkzulieferer gibt einen Ausblick auf die Dinge, die die kontinuierliche Weiterentwicklung der Mobilfunktechnik in absehbarer Zeit auch in deutsche Mobilfunknetze bringen dürfte - darunter Downlink-Datenraten bis 1 GBit/s.

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LTE-Antenne
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Auf dem kommenden Mobile World Congress in Barcelona stellt der Netzwerkzulieferer Ericsson sein erweitertes Angebot für für Mobilfunknetzbetreiber vor. Zum Portfolio gehören nun neben dem ersten kommerziellen Gigabit-LTE für Downloadraten bis 1 GBit/s auch neue Richtfunkbausteine für den Backhaul, die 1,9 GBit/s oder 2,8 GBit/s erreichen. Mittels dem neue Elastic RAN lassen sich laut Ericsson Baseband-Ressourcen über das gesamte Netz hinweg koordinieren. Ericsson fasst seine Neuerungen unter dem Titel "Mobile Broadband for Everyone" zusammen. Sie sollen "Milliarden Menschen, die bislang noch keinen Internetzugang haben" zu Gute kommen und "ein bezahlbares, mobiles Breitbandangebot" fördern.

Die neuen Spitzendatenrate von 1 GBit/s erhalten Netzbetreiber mit Ericssons neuer Netzwerk-Software-Version 16B, die ab dem zweiten Quartal 2016 erhältlich wird. Damit lassen sich bis zu drei Träger von je 20 MHz für maximal 60 MHz Funkbandbreite bündeln (Carrier Aggregation, CA). Die Träger können verschiedene Frequenzbänder beisteuern. Hinzu kommen eine 4x4 MIMO-Technik (Multiple Input Multiple Output), mittels der Ericsson-Basisstationen die Anzahl der räumlich separierten Datenströme verdoppeln, die sie zum Teilnehmer senden sowie 256-stufige Quadraturamplitudenmodulation (QAM), die bei guter bis sehr guter Signalqualität zum Einsatz kommt. Alle drei neuen Funktionen, die Dreifachträgerbündelung, das 4x4-MIMO und QAM-256 sieht die 3GPP-Spezifikation bereits vor; Ericsson reklamiert für sich, die Merkmale als erster Netzbetreiber kommerziell anzubieten.

Vereinfacht kann man sagen: Je mehr der nachrichtentechnisch nützlichen Zutaten (mehr und breitere Träger, mehr MIMO, höhere Modulation) in den LTE-Geräten stecken, desto schneller sind sie. Um Kunden die Auswahl zu erleichtern, hat das Normungsinstitut 3GPP die verschiedenen Ausstattungsvarianten in Gerätekategorien eingeteilt.

(Bild: Ericsson)

Erste kommerziell erhältliche Geräte, die 1 GBit/s empfangen können, erwartet Ericsson noch in 2016 (siehe Grafik). Um Smartphones dürfte es sich dabei aber vermutlich nicht handeln, denn für 4x4-MIMO, das vier Antennen erfordert, haben die Geräte normalerweise nicht genügend Platz und um die Laufzeit möglichst lang zu halten, tendieren Hersteller eher dazu, die für die Signalverarbeitung erforderliche Rechenleistung moderat zu halten. Man kann also eher stationäre Mobilfunkrouter erwarten, die 1-GBit/s empfangen können. Sie gehören gemäß der 3GPP-Nomenklatur zur Gerätekategorie 16. In Deutschland sind zurzeit LTE-Advanced-Netze mit bis zu 300 MBit/s in Betrieb (Gerätekategorie 6). Für 450 und für 600 MBit/s, zwei der nächsten möglichen Ausbaustufen, sind bereits Feldversuche gelaufen (Kategorie 9 und 11).

Unter der Bezeichnung "Lean Carrier" fasst die Firma Techniken zusammen, die den Datendurchsatz zum Nutzer und die Kapazität des Gesamtsystems verbessern, indem sie Störeinflüsse reduzieren, die durch Signalisierungsverkehr im Netz entstehen. Welche Störeinflüsse gemeint sind, und wie sie unterdrückt werden, erklärt Ericsson nicht. Die Kombination der Funktionen erhöhe jedoch die Downlink-Spitzenraten im Vergleich zum ausschließlichen Einsatz einer Dreifach-Frequenzbündelung um bis zu 100 Prozent.

Unter Elastic RAN versteht Ericsson eine intelligente Baseband-Koordination, mittels der sich LTE-Baseband-Komponenten untereinander über Ressourcen wie Carrier Aggregation (CA) abstimmen. Mehr zur Koordination von Basisstationen finden Sie unter der Bezeichnung Coordinated Multipoint Transmission (CoMP).

Neben Softwarekomponenten stellt Ericsson auch neue Funkbausteine vor, die mit Sendeleistungen von 40 oder 80 Watt aufwarten und ebenfalls für 4x4-MIMO sowie für Spectrum Refarming geeignet sind. Unter Spectrum Refarming versteht die Branche eine gleitende Umwidmung von Frequenzbändern. Typischerweise werden dabei Mobilfunkbänder, die ursprünglich nur für ältere Verfahren wie GSM eingesetzt wurden, anteilig mit schnelleren Verfahren wie UMTS oder LTE belegt. (dz)