Geheimer Mängelbericht: EU-Kommission rügt deutsche Grenzkontrolltechnik

Deutschland schlampt bei der Umstellung auf das überarbeitete Schengener Informationssystem, moniert die EU-Kommission in einer langen Mängelliste. Auch die elektronische Grenzkontrolle und das Visa-Verfahren müssten nachgebessert werden.

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Finger statt PIN

(Bild: dpa, Oliver Berg)

Lesezeit: 3 Min.

Vor allem Griechenland wird aktuell in der Flüchtlingskrise viel gescholten wegen mangelhafter Grenzkontrollen, aber auch Deutschland muss sich deutliche Kritik bei der dafür verwendeten Technik gefallen lassen. Die EU-Kommission hat die Umsetzung neuer Regeln für den Schengen-Raum geprüft und der Bundesregierung Anfang Februar mehrere lange Mängellisten geschickt, die heise online vorliegen.

In einem als geheim eingestuften Bericht wird Berlin aufgefordert, "die neuen Funktionen des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) unverzüglich vollständig zu installieren". Bislang könnten deutsche Anwender keine Lichtbilder und Fingerabdrücke hinzufügen und Ausschreibungen nicht miteinander verknüpfen. Zudem müssten bei derlei Vorgängen "Unstimmigkeiten" zwischen der "technischen Kopie im zentralen Polizeiinformationssystem" und der nationalen Variante vermieden werden.

Darüber hinaus sollen die Deutschen die Schnittstellen des Systems mit denen der Polizei und die Grenzkontrollanwendung der Bundespolizei weiterentwickeln, damit Verbindungen zu anderen Fahndungsdateien korrekt angezeigt und identifiziert werden können. An den Flughäfen Frankfurt und Düsseldorf seien Verfahren einzuführen, um nicht-maschinenlesbare Reisepässe von Angehörigen aus Drittstaaten zumindest manuell mit dem aktuellen SIS abzugleichen. Die Benutzerschnittstelle der Berliner Polizei könne zudem noch nicht zuverlässig Lichtbilder von Personen anzeigen, "deren Identität missbräuchlich verwendet wurde".

Generell müssten die Anwender des Systems besser geschult werden, heißt es in dem Papier. In allen Bundesländer sei ein Kontrollmechanismus einzuführen, um sicherzustellen, dass die SIS-Funktionen von allen zuständigen Behörden hierzulande "ordnungsgemäß und fristgerecht umgesetzt werden". Ferner müsse mit mehr Personal gewährleistet werden, dass die "zwölfstündige Antwortfrist" bei Anfragen aus anderen Mitgliedsländern eingehalten werde.

Innerhalb des Schengenraums sollen seit über 20 Jahren in der Regel keine Grenzkontrollen mehr durchgeführt werden, auch wenn viele Mitgliedsstaaten angesichts des Flüchtlingszustroms von Ausnahmebestimmungen Gebrauch machen. Parallel wurde mit den Schengen-Regeln das SIS als zentrales polizeiliches Fahndungssystem eingerichtet und 2013 nach schweren IT-Problemen aktualisiert. Dazu kommt eine gemeinsame europäische Visa- und Asylpolitik, die über ein eigenes Visa-Informationssystem (VIS) durchgesetzt wird.

Auch zu diesem zweiten Schengen-Bestandteil gibt es einen eigenen Mängelreport der Kommission. Diese legt der Bundesregierung darin etwa ans Herz, das zugehörige nationale IT-System nachzurüsten, damit bei einer negativen Antwort bei vorheriger Konsultation nicht etwa trotzdem einheitliche Visa gedruckt werden können. Zudem müssten Fälle mit ablehnendem Bescheid besser überwacht und Daten über ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse unverzüglich an das zentrale VIS übermittelt werden. Es sei zu ermöglichen, Statistiken über die Verlängerung von Visa und die wichtigsten Gründe dafür zu erstellen. Weitere Korrekturempfehlungen richten sich insbesondere an die Botschaften in Kairo und Istanbul.

In einem weiteren Bericht zum "Außengrenzmanagement" Deutschlands unterstreicht die Kommission, wie wichtig es sei, dass bei Kontrollen an elektronischen Gates Datenbanken mit Ausschreibungen zu Dokumenten und zu Personen, die in Risikogebiete ausreisen beziehungsweise aus solchen kommen, "systematisch abgefragt werden". Ferner müssten Grenzpolizisten auch an den automatischen Durchgängen "Kontrollen nach dem Zufallsprinzip" durchführen.

An den Flughäfen Frankfurt und München rät die Kommissione etwa dazu, die Kontrollkabinen so zu verbessern, sodass "ein unbefugtes Beobachten der Computerbildschirme verhindert wird". Insgesamt sei die Spurenführung an beiden Knotenpunkten nicht optimal. (axk)