Bundesdatenschutzbeauftragte hinterfragt Abhörpraxis des BND

Die Annahme des Bundesnachrichtendienstes, deutsche "Funktionsträger" ausländischer Firmen oder Institutionen dürften ohne gezielte Anordnung überwacht werden, hält die Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff für rechtswidrig.

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Bundesdatenschutzbeauftragte hinterfragt Abhörpraxis des BND

(Bild: dpa, Stephan Jansen/Archiv)

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Der Bundesnachrichtendienst (BND) muss sich weitere Kritik an seiner "Funktionsträgertheorie" gefallen lassen. Die These des Geheimdienstes, wonach er unter gewissen Umständen deutsche Grundrechtsträger im Ausland ohne gezielte Anordnung ausforschen darf, ist nach Auffassung der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff "nicht verfassungskonform". Dies berichten Süddeutsche Zeitung (SZ), NDR und WDR, die sich dabei auf eine Stellungnahme der Bundesdatenschutzbehörde an die G10-Kommission des Bundestags beziehen.

Deutsche können laut BND überwacht werden, wenn sie etwa für eine ausländische Behörde oder Firma oder eine internationale Institution tätig sind und wenn es in der erfassten Kommunikation nicht um Privates geht. Dieses Verfahren des Geheimdienstes war erstmals im November 2014 im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Sprache gekommen. Selbst die Bundeskanzlerin habe laut der Theorie in ihrer Geschäftsfunktion keine Grundrechte, war im Ausschuss schon zu hören gewesen.

Für Voßhoff lassen die Zeugenaussagen dagegen vermuten, dass der BND mit seiner Theorie einer "überkommenen Vorstellung" anhänge. Eigentlich müsste auch für den Geheimdienst die Maxime gelten: "Im Zweifel für den Grundrechtsschutz". Der BND meine aber offenbar: "Im Zweifel für die Erfassung." Das in Artikel 10 GG festgeschriebene Fernmeldegeheimnis mache aber keinen Unterschied zwischen privater, geschäftlicher oder politischer Kommunikation.

Der Geheimdienst und die Bundesregierung wollten trotzdem an der Praxis weitgehend festhalten, weiß die SZ. Deutsche, die für einen diplomatischen Dienst in Europa arbeiteten oder an internationale Organisationen abgeordnet würden, sollten aber nicht mehr überwacht werden. Zuvor hatte es geheißen, dass auch die Kommunikation deutscher Mitarbeiter von Nicht-Regierungsorganisationen zumindest nicht mehr verwertet werden dürfe. Experten der Bundesdatenschutzbehörde stufen auch andere Theorien und Praktiken des BNDs als illegal ein. (anw)