Softwareprobleme gefährden Berlin-Wahl im Herbst

Am 18. September sollen die Berliner ihre Abgeordneten neu wählen. Ein Spezialprogramm, mit dem Bürgerämter Wählerverzeichnisse und Listen fürs Kreuzchenmachen erstellen sollen, versagt derzeit aber noch seinen Dienst.

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Berlin: Blick aufs Rote Rathaus und auf den Dom

Berlin: Blick aufs Rote Rathaus

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Die Berliner Behörden haben erneut mit massiven Softwareproblemen zu kämpfen. Diesmal geht es just um ein Programm, das elementar ist, um Wahlen durchzuführen. Es hört auf den Namen Vois und stammt von der Firma HSH aus Ahrensfelde, einer Gemeinde am nordöstlichen Stadtrand der Hauptstadt.

Seit Anfang des Jahres soll es der Nachfolger einer anderen Software des Unternehmens den Bürgerämtern ermöglichen, etwa aus dem Melderegister Verzeichnisse der Wahlberechtigten sowie die Listen fürs Kreuzchenmachen zu erstellen. Laut Medienberichten funktioniert dies aber bislang nicht.

Die Zeit drängt, da am 18. September die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ansteht. Die stellvertretende Landeswahlleiterin Ulrike Rockmann hat mittlerweile bestätigt, dass ein Testlauf des "Baukastensystems zur Integration kommunaler Fachverfahren" im Februar "nicht gut gelungen" sei. Bei der Probewahl hätten alle einschlägigen Tätigkeitsschwerpunkte nicht einmal ernsthaft getestet werden können, zitiert die Berliner Zeitung aus einem Vermerk des Landeswahlamtes vom 10. März. Vois könne derzeit "so nicht für die Durchführung einer Wahl eingesetzt werden".

Über die Folgen der Implementierungsfehler sind sich Berliner Politiker nicht einig. "Die sichere Durchführung der Berliner Wahlen" sei gewährleistet, gibt die Senatsinnenverwaltung als Losung aus. Alle Testabläufe bewegten sich noch "im vorgesehenen Zeitfenster", es bestünden ausreichende Puffer. Thomas Birk, Sprecher für Verwaltungsmodernisierung der Grünen im Abgeordnetenhaus, sieht die Sache anders. Schon allein aufgrund des chronischen Mangels an Terminen bei den Bürgerämtern, die immer wieder mit IT-Problemen zu kämpfen hätten, "droht ein unvollständiges Wählerverzeichnis", erklärte der Oppositionspolitiker gegenüber heise online. Neuberliner könnten sich gar nicht mehr fristgemäß anmelden.

Dem Senat hätte Birk zufolge längst klar sein müssen, dass die Berlin-Wahl die erste große Herausforderung für Vois sein würde. Es hätte daher "unbedingt Testläufe vor der flächendeckenden Neuinstallation geben müssen". Nun blamiere sich die Hauptstadt im Vorfeld des Urnengangs "zum wiederholten Male" im Bereich IT-Kompetenz. Die Verwaltung müsse sich nun rasch Expertise aus anderen Bundesländern holen, "in denen mit Vois schon Wahlen stattgefunden haben".

Fakt ist, dass am 8. August die Briefwahl in Berlin beginnt und die Probleme spätestens bis dahin behoben sein müssen. Doch schon jetzt behindert die Panne die Vorbereitungen: Eigentlich würden seine Mitarbeiter schon jetzt damit beginnen, zitiert das Neue Deutschland Stephan von Dassel, Stadtrat im Bezirk Mitte. Bislang sei aber noch nicht einmal ein Programmupdate angekündigt, beklagt der Grüne. Gebe es bis Juni keine Lösung, stehe die Wahl in den Sternen.

In jüngster Zeit hat die Berliner Verwaltung vor allem mit IT-Sicherheitsproblemen auf sich aufmerksam gemacht. So laufen aktuell offenbar auf vielen Arbeitsplatzrechnern noch Versionen des Browsers Internet Explorer (IE), für die Mitte Januar der Support ausgelaufen ist. Zuvor hatte der Senat das Support-Ende für Windows XP und Windows Server 2003 verschlafen. Aber auch das ein oder andere IT-Großprojekt ging in Berlin bereits den Bach hinunter. (jk)