WLAN-Gesetz: Verkehrsminister Dobrindt plötzlich doch gegen Störerhaftung

Im Kabinett stimmte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) noch dafür, Hotspot-Betreiber nur mit hohen Auflagen von der Haftung für Rechtsverletzungen zu befreien. Nach einem Signal vom EuGH kommt nun die Kehrtwende.

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WLAN-Gesetz

(Bild: dpa, Stephanie Pilick)

Lesezeit: 3 Min.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich im Streit über Haftungsprivilegien für Anbieter offener Funknetze überraschend auf die Seite der SPD-Bundestagsfraktion geschlagen, die den Regierungsentwurf für ein WLAN-Gesetz entgegen dem ursprünglichen Plan von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gründlich überarbeiten will. "Die Hürden, die das neue Telemediengesetz stellt, sind zu hoch", betonte Dobrindt gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Die Störerhaftung führt meiner Meinung nach nicht dazu, dass wir ein freies WLAN organisieren können."

Die Erkenntnis des Christsozialen kommt spät und erst nach dem Plädoyer des Generalanwalts Maciej Szpunar am Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Störerhaftung von Hotspot-Betreibern vom vorigen Mittwoch. Im September hatte er den Kabinettsbeschluss zur Reform des Telemediengesetzes noch mitgetragen, obwohl es schon damals viel Kritik am Referentenentwurf Gabriels gab.

WLAN-Anbieter müssten laut dem Plan der Bundesregierung verhindern, dass insbesondere Dritte gegen das Urheberrecht verstoßen. Sonst sollen sie nicht in den Genuss der Haftungsfreistellungen für allgemeine Zugangsanbieter zum Internet kommen. Konkret geht es darum, eine Routerverschlüsselung einzubauen und Nutzern abzuverlangen, in Vertragsbedingungen einzuwilligen.

Offenes WLAN mit einfachem Zugang für jedermann sei in einer modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken, konstatierte Dobrindt nun. Er stellt sich damit gegen die Haltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Hotspot-Betreiber weiterhin nicht pauschal von allen Verpflichtungen freistellen will und zumindest auf eine "Vorschaltseite" drängt. Die SPD-Fraktion sieht sich dagegen durch das Votum aus Luxemburg in ihrer Linie bestärkt und will durchsetzen, dass WLAN-Anbieter grundsätzlich nicht für Rechtsverletzungen von Nutzern haften und ihr Netz nicht verschlüsseln müssen.

Nur indirekt äußerte sich Dobrindt zum Vorschlag seines Kabinettskollegen Gabriel für eine "digitale Strategie 2025", die den Weg in die Gigabitgesellschaft mit Glasfaser ebnen soll. Mit dem bisherigen Ziel der Bundesregierung, bundesweit Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 MBit/s flächendeckend bis 2018 zu erreichen, sei es nicht getan, konstatierte der CSU-Politiker. Auch der Ausbau darüber hinaus bedürfe staatlicher Unterstützung. Zunächst müssten die 66 Kommunen und Landkreise gefördert werden, die sich für konkrete Ausbauprojekte beworben hätten. Der Großteil der Anträge schließe aber schon Glasfaser mit ein, auch wenn der Staat einen "technikneutralen" Ansatz fahre.

Um bei der Digitalisierung nicht den Anschluss zu verlieren, will Dobrindt zudem die Deutsche Bahn weiter drängen, WLAN bis Jahresende kostenlos "in der zweiten Klasse im ICE" und an Bahnhöfen anzubieten. Der Netzexperte der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, appellierte an den Verkehrsminister, seinen Worten Taten folgen zu lassen: Er müsse dafür sorgen, dass die Bundesregierung ihren verkorksten WLAN-Gesetzentwurf zurückziehe. "Alternativen liegen seit Langem im Parlament vor." (anw)