Wie sauber ist Erdgas als Treibstoff?

Kontroverse über Kraftstoffe

Erdgas ist „keine Brücke“ in eine saubere Zukunft, sondern weit weniger umweltschonend als allgemein angenommen, behauptet Transport & Environment, eine Art Dachorganisation der europäischen Umweltverkehrsvereine. Grund genug, sich dem Thema zu widmen

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Von
  • Christoph M. Schwarzer
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Hamburg, 24. März 2016 – Hätte. Wäre. Könnte. Fast täglich landen wissenschaftliche Studien im Posteingang eines Journalisten. Mit Prognosen, die weit in die Zukunft reichen. Mit steilen Thesen. Oder mit Analysen der Jetztzeit. Und manchmal ist eine dabei, die zum Nachforschen anregt: So behauptet Transport & Environment, eine Art Dachorganisation der europäischen Umweltverkehrsvereine, dass Erdgas eine „Road to nowhere“ , also frei übersetzt eine Sackgasse sei. Der Kraftstoff wäre „keine Brücke“ in eine saubere Zukunft, sondern weit weniger umweltschonend als allgemein angenommen. Am wichtigsten aber ist nach Ansicht von T&E, dass Erdgas den beschleunigten Umschwung zur Elektromobilität verzögere. Grund genug, sich dem Thema zu widmen.

Einer mangels Masse nicht befriedigenden Datenlage zum Trotz lässt sich nach etlichen Mails und Telefonaten sagen: Erdgas, chemisch vorwiegend Methan und unter dem Kürzel CNG für Compressed Natural Gas erhältlich, ist aus Emissionssicht keineswegs rein. Auch aus dem Auspuff eines Erdgas-Pkw strömen giftige und klimaschädliche Abgase. Dennoch hat der Kraftstoff Stärken, und sein Potenzial ist nicht ausgeschöpft. Für die Betrachtung im Vergleich zu Benzin und Diesel sind die Klimawirksamkeit sowie die Gesundheitsschädlichkeit (Stickoxide, Partikel) relevant. Und weil der Volkswagen Golf Europas meistverkauftes Auto ist und mit etlichen Antriebsvarianten bestellt werden kann, muss er als Maßstab herhalten. Mal wieder.

Kein CO2-Vorteil

So emittiert ein Golf TDI BlueMotion im Laborzyklus des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) 89 g CO2/km. Die Erdgasversion TGI kommt auf 94 g/km, und der TSI 1.0 auf 99 g/km. Als Ergänzung noch der stark nachgefragte Golf 1.2 TSI: Er wird mit 113 g CO2/km angegeben. Zumindest in diesem Rahmen kann Methan keinen Vorteil verbuchen. Alle Befragten haben nun – je nach Standpunkt – entweder zusätzlich kritisiert oder eingeräumt, dass der Kraftstoff ein Problem hat, das in der Öffentlichkeit weniger bekannt ist als in Fachdiskursen: Den Methanschlupf. Damit sind Leckagen auf dem Transportweg gemeint, aus denen das Gas direkt entweicht. Auch im Pkw selbst gibt es diese Verluste. Und weil Methan erheblich aggressiver auf das Klima einwirkt als Kohlendioxid (je nach Quelle circa Faktor 25), darf diese Schwierigkeit nicht ignoriert werden.