Akku-Expertin: Note 7 sollte vielleicht zu perfekt sein

Das entflammbare Note 7 könnte das Resultat einer Überoptimierung sein, vermutet die renommierte Akku-Forscherin Bai-Xiang Xu im c't-Interview. Samsung hält sich bei der Ursachenforschung bislang bedeckt.

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Akku-Expertin zum Note 7: "Je dünner der Separator, desto höher das Kurschlussrisiko"
Lesezeit: 4 Min.
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Prof. Dr. Bai-Xiang Xu

(Bild: privat)

Bai-Xiang Xu forscht an der TU Darmstadt unter anderem zu mechanischen Effekten in Lithium-Ionen-Akkus. Im vergangenen Jahr erhielt die Juniorprofessorin den mit 50.000 Euro dotierten Adolf-Messer-Preis für die „Elektro-chemo-mechanische Untersuchung von nanostrukturierten Elektrodenmaterialien in Lithium-Ionen-Batterien“. Ihre Ergebnisse könnten zur Entwicklung robusterer Akkus führen.

c't sprach mit Xu über die wahrscheinlichsten Ursachen für die Defekte von Samsungs Galaxy-Note-7-Akkus.

c't: Frau Dr. Xu, was passiert in einem Lithium-Ionen-Akku, bevor er in Flammen aufgeht?

Bai-Xiang Xu: Das Abbrennen eines Akkus ist fast immer das Ergebnis eines thermischen Durchgehens, also einer positiven Rückkopplung zwischen Erhitzung und Temperaturanstieg.

Das kann mit einer bestimmten exothermischen Reaktion beginnen, einer fortschreitenden Reaktion des Elektrolyts mit der Anode. Zusätzlich oder alternativ kann ein Kurzschluss die Ursache sein. Kurzschlüsse können durch Ablagerung von metallischem Lithium an der Anode entstehen, dem sogenannten Plating.

Bei einer bestimmten Temperatur zersetzt sich das organische Lösungsmittel im Elektrolyt, brennbare Kohlenwasserstoffe entstehen und der Polymer-Separator schmilzt. Das führt zu massiven Kurzschlüssen und mehr Hitze. Schließlich zersetzt sich die Kathode, die normalerweise aus einem Lithium-Metall-Oxid besteht, und gibt Sauerstoff frei. Die Kohlenwasserstoffe treffen auf den Sauerstoff, und der Akku beginnt zu brennen.

Während all dieser Phasen entstehen Gase, und der Druck steigt. Das führt zum explosiven Abbrennen.

Aufbau eines Lithium-Ionen-Akkus (Anklicken für komplette Grafik)

(Bild: c't)

c't: Wo vermuten Sie die Fehlerursache im Akku des Galaxy Note 7?

Bai-Xiang Xu: Die meisten Vorfälle gab es, als das Note 7 geladen wurde. In anderen Fällen wurde das Gerät über einen langen Zeitraum dauerhaft genutzt – in beiden Szenarien wird der Akku erhitzt. Unglücklicherweise scheint der Note-7-Akku weniger hitzetolerant zu sein als andere Akkus. Anders gesagt, das thermische Durchgehen wird bereits bei einer relativ geringen Temperatur ausgelöst.

Ich nehme an, das liegt am ehesten am Design der Akkuzelle. Beispielsweise an einem zu dünnen Separator, was das Risiko von Kurzschlüssen erhöht. Es könnte aber auch am Produktionsprozess der Zelle liegen. Zum Beispiel kann der Separator dünner werden, wenn der Akku zu stark eingezwängt wird.

c't: Passieren solche Fehler aus Zufall? Oder liegt der Schluss nahe, dass Samsung mehr Energie aus einer bestimmten Akkugröße kitzeln wollte?

Bai-Xiang Xu: Wenn man den Separator dünner macht, führt das zu höherer Energiedichte und schnellerem Aufladen, wegen des kürzeren Diffusionspfads. Diese Vorteile sind attraktiv genug, um einen Entwickler anzutreiben, sie auszureizen.

Allerdings sinkt dadurch das Sicherheitsniveau: Je dünner der Separator, desto höher das Kurschlussrisiko durch Plating oder unerwünschte Metallpartikel im Produktionsprozess. Außerdem sinkt die mechanische Stabilität.

c't: Was sollten Nutzer beim Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus generell beachten?

Bai-Xiang Xu: Erstens sollte man den Akku nicht übermäßig erhitzen. Zweitens kann auch das Laden bei Temperaturen unter null Grad gefährlich sein. Die Lithium-Ionen diffundieren und reagieren dann sehr langsam, wodurch metallisches Lithium entsteht, was wiederum zu Kurzschlüssen führen kann. Drittens können fehlerhafte Ladegeräte die Schutzschaltung des Akkus zerstören und die Schalter in der ON-Position verschweißen.

  • Was man beim Transport von Lithium-Ionen-Akkus beachten muss, beschreibt c't im Artikel "Gefahrguttransport".
  • Wie Lithium-Ionen-Akkus funktionieren, steht in "Strom to go" aus c't 2/14 (kostenpflichtig)

(cwo)